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Gender-Reveal-Party: Wieso man diesen Trend auslassen kann
Text: Sasa Sretenovic, Caroline Essl

KRITISCHER PARTYTREND

Gender-Reveal-Party: Wieso man diesen Trend auslassen kann

Ein neuer Babyparty-Trend ist geboren! Erst waren es Baby-Showers, jetzt ist die Gender-Reveal-Party der letzte Schrei. Was steckt hinter dem fragwürdigen Trend?

Viele Internetseiten „feiern“ den Baby-Reveal-Party-Trend bereits und liefern Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie man eine Gender-Reveal-Party organisieren und gestalten kann. Da heißt es zum Beispiel: „Sag es mit Konfetti und Kuchen!“ – und zwar das Geschlecht des noch ungeborenen Kindes. Stellt sich etwa auch schon in Mamas Bauch die Frage: Mozart oder Metallica?

Von der Baby-Shower zur Gender-Reveal-Party

In Amerika sind Babypartys seit vielen Jahren fester Bestandteil des gesellschaftlichen Miteinanders. Mittlerweile ist es auch in Österreich und anderen europäischen Ländern immer üblicher, eine Baby Shower auszurichten: eine Feier, die zugunsten der werdenden Mutter während der Schwangerschaft veranstaltet wird. In Form von Überraschungspartys wird oft wenige Wochen vor der Geburt gefeiert, dass die Familie Nachwuchs erwartet.

Ist der eine Babyparty-Trend gerade den Kinderschuhen entwachsen – ist auch schon der nächste geboren: Gender-Reveal-Partys. Ähnlich wie bei einem runden Geburtstag oder einem Junggesell(inn)enabschied werden keine Kosten und Mühen gescheut, um einen unvergesslichen Abend bzw. Nachmittag zu gestalten. Im Vordergrund steht bei einer Gender-Reveal-Party jedoch die Enthüllung des Geschlechts. Je nachdem, wie streng man den Trend mitmacht, kennen dieses nicht mal die Eltern!

Wenn der Bäcker es vor den Eltern weiß

Wenn selbst die Eltern das Geschlecht ihres Kindes erst bei einer Baby-Reveal-Party im Kreise der engsten Freunde erfahren wollen, läuft es in der Regel so ab: Bei der Ultraschalluntersuchung wird das Geschlecht auf einen Zettel geschrieben und in ein Kuvert gepackt. Eine vertrauenswürdige Person – oder die zuständige Babyparty-Organisation – nimmt dieses entgegen. Es kann aber auch sein, dass der Bäcker, der die Cupcakes oder den Kuchen vorbereitet, den Umschlag erhält und die Party-Leckereien entsprechend mit blauer oder rosa Creme füllt. Beim kollektiven Reinbeißen erfahren dann die Eltern und die Partygäste das Geschlecht des Kindes.

Gender-Reveal-Party als „soziales“ Event

Vielen reicht nur eine Feier nicht: Das Spektakel soll auch möglichst gute Reaktionen auf Instagram und Co. erzielen. Also wird höchster Aufwand betrieben, um die Party so „instagramable“ wie möglich zu inszenieren. Besonders beliebt sind Rauchbomben oder präparierte Autos und Motorräder, dessen Abgase dann in den stereotypischen Farben Blau oder Rosa das Gender-Geheimnis lüften. Welche Farbe für welches Geschlecht steht, muss an dieser Stelle wohl nicht mehr diskutiert werden.

„Wheels or Heels“ und „Stashes or Lashes“

Einen Kuchen mit rosa oder blauer Füllung anzuschneiden, klingt erst mal nicht dramatisch. Aber die Problematik liegt viel tiefer, nämlich in der Symbolik dieser zwei Farben und den Erwartungen, die sie schon bei einer Gender-Reveal-Party wecken. Fragwürdig sind auch Spiele wie „Wheels or Heels“ (Reifen oder hohe Absätze), bei dem die Gäste das Geschlecht des Kindes erraten müssen. Diese tragen schon vor der Geburt dazu bei, dem Baby ein Etikett aufzudrücken. Auch das Motto „Stashes or Lashes“ (Bärte oder Wimpern) findet sich oft von der Einladung bis zum Konfetti wieder.

Freudige Aussichten – stereotype Ansichten

Indem man solche Babypartys mit plakativen Klischees feiert, „vergisst“ man den Teil der Bevölkerung, der nicht in dieses binäre System passt – oder einmal passen wird. Was ist zum Beispiel mit Transgender-Personen, die biologisch weibliche Geschlechtsmerkmale aufweisen, sich sozial jedoch als männlich identifizieren? Oder mit intersexuellen Menschen, also jene, die sowohl mit weiblichen als auch mit männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden? Generell sollte stereotypisches Denken im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr haben. Dann können sich Kinder von Anfang an individuell und unabhängig von Rosa-Blau-Zwängen zu der Person entwickeln, die sie sind – oder sein wollen.