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Aus Alt mach Neu: Warum Upcycling im Trend liegt
Text: Maria Kapeller, Paula Rausch, Elisabeth Sas

A forever thing

Aus Alt mach Neu: Warum Upcycling im Trend liegt

Früher war es normal, etwas Kaputtes zu reparieren. Heute leben wir in einer Wegwerfgesellschaft. Teilweise, weil Reparatur-Arbeitsstunden einiges kosten. Upcycling muss aber nicht teuer sein.
Reparieren ist im Laufe der Zeit immer mehr aus der Mode gekommen: Bei Smartphones zum Beispiel werden viele Reparaturen gar nicht angeboten. Oft sind aber auch die nötigen Ersatzteile nicht mehr zu bekommen. Manche Geräte werden noch dazu verklebt statt verschraubt und können deshalb gar nicht repariert werden.

Doch langsam geht der Trend in die andere Richtung: Nachhaltigkeit wird ein bedeutenderes Thema. Immer mehr Menschen haben erkannt, dass Reparieren und Upcycling statt Wegwerfen nicht nur das Geldbörsel schont, sondern auch das Klima. Repair Cafés zeigen beispielsweise, wie man aus alt neu machen kann.


Wieso sind Upcycling und Reparieren so wichtig?

Dass wir unseren (Plastik-)Müll reduzieren müssen, haben wir verstanden, aber noch nicht im Griff. Elektrogeräte vor der Mülldeponie zu retten, hat eine besonders große Wirkung: Werden sie zu neuem Leben erweckt, schrumpft nicht nur der Haufen an Elektroschrott. Auch werden weniger neue Geräte produziert, was den CO₂-Ausstoß verringert. Zusätzlich schadet die Rohstoffgewinnung für neue Elektronik der Umwelt.

Würde die Lebenszeit aller in der EU vorhandenen Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones um ein Jahr verlängert werden, könnten, gemäß einer Studie des Europäischen Umweltbüros, vier Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Laut dem im Dezember 2019 veröffentlichten „Green Deal“ der Europäischen Union sollen Reparatur und Wiederverwertung einen wichtigen Beitrag leisten, um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Deshalb ist es auch so wichtig, Kindern Nachhaltigkeit zu vermitteln.

Künftig soll es sogar ein „Recht auf Reparatur“ geben. Damit müssen Produkte so konstruiert sein, dass man sie reparieren kann. Aber wie setzt man das „Recht auf Reparatur“ im realen Leben um? Wir zeigen die Bandbreite, von Repair Cafés bis hin zu Online-Plattformen, die dazu beitragen, unsere innere Tüftlerin zu wecken.


Was versteht man unter Upcycling?

Unter Upcycling versteht man eine spezielle Form des Recyclings. Das Entscheidende dabei: Die verwendeten Stoffe werden nicht nur wiederverwendet, sondern dadurch sogar aufgewertet. Upcycling kann von professionellen Werkstücken, Kunstwerken bis hin zu Basteleien mit Kindern alles beinhalten. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt. Kein Wunder, dass sich das Konzept großer Beliebtheit erfreut und man online mit wenigen Klicks unzählige Ideen und Anleitungen dazu findet.

Upcycling und Reparatur – Was kann ich tun?

Manchmal lassen wir uns von der Fülle an Möglichkeiten abschrecken und wissen gar nicht wo, wir beginnen sollen. Das ist deshalb schade, weil schon kleine Beiträge ihre Wirkung erzielen. Diese Tipps sind im Alltag leicht umsetzbar und können sogar Spaß machen.


1. Beim Kauf die Reparaturmöglichkeiten berücksichtigen

Achten Sie bereits bei der Anschaffung eines elektronischen Geräts darauf, ob es später repariert werden kann. So hält beispielsweise der Lithium-Ionen-Akku eines herkömmlichen Smartphones, laut iFixit, bei starker Nutzung durchschnittlich zwei Jahre lang. Telefone mit leicht austauschbaren Akkus haben demnach eine mindestens doppelt so hohe Lebensdauer. Ebenfalls sinnvoll ist es, beim Neukauf eher zu einfachen Geräten zu greifen. Sie sind meistens langlebiger, weil sie weniger Zusatzfunktionen und damit weniger mögliche Fehlerquellen haben. Auch eine Versicherung für Elektrogeräte kann einem voreiligen Entsorgen entgegenwirken: Oftmals übernehmen Versicherungen bei Schäden zumindest einen Teil der unter Umständen recht teuren Reparaturkosten.


2. Weniger Neues kaufen

Für ein nachhaltiges Leben ist das Umdenken beim Konsumverhalten mindestens genauso wichtig wie Kaputtes zu reparieren oder nach Ideen für Upcycling zu suchen. Das heißt: bestehende Geräte so lange wie möglich nutzen und gut warten. Neues nur dann anschaffen, wenn es unbedingt notwendig ist. Oder auch gebrauchte Geräte kaufen, das schont zudem die Geldbörse. Haushaltsgeräte, wie Waschmaschinen und Trockner, kann man mittlerweile sogar langfristig mieten. Generell gilt: Sich selbst (und auch seinen Mitmenschen) in Erinnerung zu rufen, dass übertriebener Konsum – oft auch durch die Werbung angeregt – nichts Normales ist. Es sollte also auch nicht zur Norm werden. Wer selbst darauf achtet, Produkte möglichst lang nutzen zu können, wird möglicherweise sogar sein Umfeld inspirieren, es ihm gleichzutun.


3. Repair Cafés nutzen

Zehn Jahre nach ihrer Gründung in Amsterdam umfasst die europaweite „Stiftung Repair Café“ heute knapp 2.000 Gruppen in 35 Ländern. Auch in Österreich gibt es, laut Repa-Net, dem Netzwerk für Re-Use und Reparatur in Österreich, mehr als 150 Projekte. Rund 3.000 Freiwillige reparieren jedes Jahr gemeinsam mit mehr als 63.000 Café-Besuchern rund 46.000 Gegenstände. Die Folge: Das spart jährlich rund 1.110 Tonnen CO₂-Äquivalente und 210 Tonnen Abfall. Außerdem verbindet das gemeinsame Werkeln. „Repair Cafés schaffen soziale Lernräume, in denen praktisches Wissen rund um Reparatur weitergegeben wird – generationenübergreifend“, sagt Repa-Net-Geschäftsführer Matthias Neitsch.


Was erwartet mich im Repair Café?

Man kann seine defekten Gegenstände, wie Kleidung, Möbel, Elektrogeräte, Spielzeug usw., mitbringen und diese gemeinsam mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und anderen Besucherinnen und Besuchern reparieren. Das nötige Werkzeug ist am Standort vorhanden. Wer sich einfach nur Inspiration holen möchte, kann auch bloß zusehen oder in dort bereitgestellten Büchern zum Thema Reparatur und Upcycling schmökern. Man muss also noch kein Profi auf diesem Gebiet sein, um seine Gegenstände, gemeinsam mit Gleichgesinnten, wieder verwendbar zu machen.


4. Sich online zum Reparieren vernetzen

Wenn gerade kein Repair Café in der Nähe ist, hilft das Internet weiter. Die größte Online-Gemeinschaft fürs Reparieren heißt iFixit. Sie vernetzt Menschen auf der ganzen Welt und zeigt ihnen, wie sie Schäden und Defekte ganz einfach selbst beheben können. Mittlerweile bietet die Plattform mehr als 60.000 kostenlose Schritt-für-Schritt-Reparaturanleitungen für mehr als 21.000 Geräte an und hat weltweit rund zehn Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Auf der Onlineplattform reparaturfuehrer.at sind mehr als 1.500 Betriebe aufgelistet, die kaputte Gegenstände herrichten – vom Fernseher bis zum antiken Sessel.
Neu kaufen muss also nicht immer die billigere Lösung sein. Außerdem hat es doch einen ganz besonderen Charme, vielleicht sogar Gegenstände von den Großeltern oder Eltern zu reparieren, oder zu upcyclen. Denn sie sind viel individueller und mit ihnen verbinden wir meist mehr als mit neuer Stangenware.