(Up)Date gefällig: Eine Expertin erklärt die wichtigsten Online-Dating-Phänomene
Dating-Profil anlegen und dann ist die schwierigste Hürde geschafft? Leider nein. Auch wenn die Auswahl auf Online-Dating-Apps wie Bumble, Tinder und Parship schier unendlich scheint, gilt es auf dem Weg zu Mr. Right oder zur Traumprinzessin einiges zu beachten. Denn nicht alle App-Benutzerinnen und -Benutzer definieren klar, ob sie tatsächlich an einer Beziehung – oder nicht doch eher an einem One-Night-Stand interessiert sind. Eine Beziehungscoachin weiß Rat.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Online-Dating-Phänomen: Breadcrumbing
- 2. Online-Dating-Phänomen: Benching
- 3. Online-Dating-Phänomen: Gatsbying
- 4. Online-Dating-Phänomen: Situationship
- 5. Online-Dating-Phänomen: Ghosting
- 6. Online-Dating-Phänomen: Orbiting
- 7. Online-Dating-Phänomen: Love-Bombing
- 8. Online-Dating-Phänomen: Dating-Burnout
- 9. Online-Dating-Phänomen: Slow Dating
Mag.a Anna Thaler ist Paarberaterin und Beziehungscoachin mit Praxis in Gmunden am Traunsee. Sie bietet Unterstützung bei allen Themen rund um Paarbeziehung und Liebe. Die Beziehungscoachin kennt die Warnsignale beim Online-Dating („Red Flags“) und erklärt für ACTIVE BEAUTY die wichtigsten Online-Dating-Phänomene.
Diese Online-Dating-Phänomene sollten Sie kennen:
1. Online-Dating-Phänomen: Breadcrumbing
Dem flirtreichen Chat auf der Dating-App folgen (oft erst nach längerer Zeit) gelegentliche Botschaften, die plötzlich wie aus dem Nichts und ohne jeglichen Zusammenhang aufpoppen. Thaler erklärt diese Warmhalte-Taktik so: „Kommt z.B. bei einem Flirt keine Bestätigung, werden sprichwörtlich ‚Brotkrümel gestreut‘– in Form von Nachrichten an andere aktive Matches. Damit soll der niedrige Selbstwert des Krumenwerfers aufpoliert werden, es besteht kein ernsthaftes Interesse.“ So setzen Sie dem ewigen Hin und Her laut Expertin ein Ende: Klar kommunizieren, dass man keine Lust auf Spielchen hat und das Match löschen.
2. Online-Dating-Phänomen: Benching
Auch dieses Online-Dating Phänomen ist ein Anglizismus, der sich vom englischen Wort „bench“ ableitet, was ursprünglich „Sitzbank“ bedeutet. Es bezeichnet den Umstand, dass man beim Dating lediglich auf der Ersatzbank gelandet ist. Dort wird man warmgehalten für den Fall, dass andere Dates ausfallen. Woran Sie es laut Dating-Expertin erkennen: „Der Kommunikationsprozess geht schleppend voran, die Abstände sind zu lange, um am Ball zu bleiben und die Erklärungen fürs Nichtmelden klingen eher nach Ausreden. Verbindlichkeit und echtes Interesse fehlen.“ Der Hauptgrund für das vermeidende Verhalten: Wunsch nach Aufmerksamkeit. Irgendwann meldet sich der Ersatzbankspieler oder die Ersatzbankspielerin und will wissen, woran sie ist – das boostet wiederum das Ego des Benchers. Die richtige Reaktion: Es fehlt hier an Respekt, brechen Sie den Kontakt ab.
3. Online-Dating-Phänomen: Gatsbying
Dieser Social-Media-Trend wurde nach dem Phänomen in F. Scott Fitzgeralds Roman „The Great Gatsby“ aus den 1920er-Jahren benannt, in dem der gleichnamige Held seine Jugendliebe mit glamourösen Partys für sich gewinnen möchte. „Der Schwarm soll auf Instagram & Co. mit hübschen und ausgefallenen Pics beeindruckt werden“, erklärt Anna Thaler. Dafür wird zuvor der eigene Social-Media-Account empfohlen, wenn er nicht ohnehin schon Teil des Dating-Profils ist. Thaler rät „Gatsbys“ zu einer direkteren Herangehensweise: „Versuchen Sie trotz Angst vor Ablehnung, Ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen." Für alle, die umschwärmt werden, gilt: „Wenn es Sie nicht stört – einfach genießen.“
4. Online-Dating-Phänomen: Situationship
Das Schachtelwort „Situationship" sagt es bereits: Wenn es keine richtige Beziehung (engl. „relationship“) ist, sondern für den Moment (engl. „situation“) gerade passt. „Dieser Beziehungsstatus entsteht durch die große Auswahl an potenziellen Partnerinnen und Partnern in der Online-Dating-Welt, die parallel angeschrieben werden.“ Um nicht enttäuscht zu werden, am besten „von Beginn an offen über die jeweiligen Vorstellungen sprechen. Sollten diese nicht zusammenpassen, heißt es, den Rückzug antreten.“
5. Online-Dating-Phänomen: Ghosting
Beim Online-Dating gibt es wahrscheinlich niemanden, der davon verschont bleibt: „Die Person, mit der man gerade noch geschrieben, telefoniert oder sich getroffen hat, verwandelt sich ohne Vorwarnung in einen ‚Geist‘ und verschwindet.“ Zurück bleiben Verunsicherung, Selbstzweifel, Wut und die Frage nach dem Warum. Diese beantwortet Thaler so: „Personen, die ghosten, möchten unangenehmen Gefühlen und Reaktionen aus dem Weg gehen und für ihre Handlungen keine Verantwortung übernehmen. Es hat nichts mit den Betroffenen zu tun. Ghosterinnen und Ghoster sind oft nicht für eine Beziehung bereit, entscheiden sich für jemand anderen bzw. sind gar nicht Single. Tinder & Co. fördern dieses Verhalten, da man Matches jederzeit einfach wieder entfernen kann.“ Noch mehr psychologische Hintergründe und den richtigen Umgang mit dem Thema finden Sie in unserem Beitrag „Ghosting“.
6. Online-Dating-Phänomen: Orbiting
Orbiting ist eine Spielart des Ghostings. Allerdings verschwindet hier die Person nicht komplett aus dem Leben, sondern umkreist den Betroffenen oder die Betroffene weiter auf Social Media (die Accounts kennt sie vom Dating-Profil beziehungsweise fand eine gegenseitige Verbindung auf Facebook, Instagram und Co. beim Dating statt). Stories werden weiter angeschaut und Post geliked und kommentiert: Für Außenstehende sieht es so aus, als wären beide noch in Kontakt, für Betroffene ist es aber eine ungute Situation: „Es findet keine direkte Kommunikation mehr statt, losgelassen wird aber auch nicht.“ Empfehlung von Thaler: „Blockieren Sie die Person auf Social Media und schließen Sie damit ab. Es besteht kein echtes Interesse.“
7. Online-Dating-Phänomen: Love-Bombing
Die Liebesbekundungen kommen viel zu schnell, die oder der Angebetete wird mit Versprechungen und Aufmerksamkeiten geradezu „bombardiert“. Werden diese nicht entsprechend gewürdigt, folgen laut Thaler Liebesentzug (Ghosting) oder Beziehungsende. „Beim Love-Bombing soll das Opfer emotional abhängig gemacht werden.“ So vermeiden Sie eine toxische Beziehung mit einem Love-Bomber: „Wenn das eigene Bauchgefühl versagt, am besten Freundinnen und Freunde um Einschätzung bitten und Hilfe von außen holen.“
8. Online-Dating-Phänomen: Dating-Burnout
Match – Date – Ghosting – Repeat. Wenn man oft für jemanden brennt und immer wieder zurückgewiesen wird, kann das zum Dating-Burnout (auch Dating-Blues genannt) führen. Präventiv hilft hier laut der Beziehungscoachin Slow Dating (also sich bewusst Zeit nehmen und weniger Leute dafür besser kennenlernen). Im Akutfall, wenn das Dating einfach keine Freude mehr macht und sich sinnentleert anfühlt, heißt es: Profile löschen und sich eine längere Auszeit verordnen. „Dating-Apps sind nicht nur wie Spiele konstruiert, sondern darauf ausgelegt, uns mittels Belohnung (Likes und Matches) zu konditionieren. Das Aufhören fällt dadurch schwer. Am besten schränkt man die Zeit, die man auf Dating-Plattformen verbringt, ein.“ Wer auf mehreren Plattformen parallel unterwegs ist, kann sich auch überlegen, sich auch hier mehr einzuschränken – denn zu viel Auswahl führt zu Überforderung, Stress und Entscheidungsverweigerung (sprich weiterswipen). In der Psychologie wird das übrigens als Choice Overload Theory („Auswahlparadoxon“) bezeichnet: Man möchte zwar meinen, dass mehr Auswahl glücklich macht, tut sie aber nicht. Wir wollen immer die optimale Wahl treffen, verlieren den Überblick, jegliche Emotion bleibt auf der Strecke und wir kommen dann im Endeffekt nie zu einem Date oder einer Beziehung.
9. Online-Dating-Phänomen: Slow Dating
Um das eben erwähnte Dating-Burnout zu vermeiden, biete sich Slow Dating als Alternative zum schnellen und oberflächlichen Online-Dating an. Dabei wird beim Dating ein Gang zurückgeschaltet, es geht nicht mehr darum, möglichst schnell möglichst viele Profile durchzuwischen und eine große Anzahl an Matches zu sammeln. Wem das schnelle Online-Dating-Game zu viel ist, dem rät Thaler zu mehr Entschleunigung und Achtsamkeit durch Slow Dating: Wenige Kandidatinnen oder Kandidaten auswählen, langsam einen Kontakt aufbauen, nicht an der Oberfläche bleiben (wie wär’s mit einem Deep Talk?) und sich bewusst Zeit nehmen für eine limitierte Anzahl von Dates. Der Überforderung aufgrund von zu viel Auswahl wird so entgegengewirkt. Eine gute Anleitung, worauf es beim Dating tatsächlich ankommt, finden Sie übrigens in den 8 Rules of Love von Jay Shetty.
Zusätzlicher Online-Dating-Tipp der Expertin:
„Neben den vielen Chancen, die Online-Dating ohne Frage mit sich bringt, birgt es auch eine Reihe von Risiken. Sich diese bewusst zu machen und Online-Dating per se zu rationalisieren (Stichwort „Dating Game“) hilft dabei, emotional eine Schutzbarriere aufzubauen und Distanz zu wahren. Denn: Man braucht eine dicke Haut, um im Online-Dating-Dschungel gut zu „überleben“. Immer bedenken: Bei Bedarf psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen.