Wenn uns heute eine gute Freundin fragt, ob sie sich einen Pulli von uns leihen kann, schreien wir sie nicht mehr an: „Nein, der gehört mir!“ Denn wir wissen: Teilen ist eine wichtige soziale Fähigkeit. Aber auch wir mussten teilen erst lernen. Anfangs fiel uns das schwer – genauso schwer fällt es unseren Kindern. Ihr Kind will nicht teilen? Das hat einen Grund!

Warum Kleinkinder vom Teilen nichts halten

Kleinkinder sehen sich selbst als Mittelpunkt des Universums. Daher gehört Ihrem zweijährigen Sprössling aus seiner Sicht alles – und anderen Kindern nur das, was er ihnen abgeben will. Also am liebsten so wenig wie möglich, denn für ein kleines Kind ist sein Besitz viel mehr als nur materielles Habgut. Den Teddy, den Sie Ihrem Sohn zu Weihnachten schenken, empfindet er als Teil von sich – etwa wie ein zusätzliches Körperteil. Und, genau, dem anderen Kind geht es ganz gleich.

Die Schaufel und der Teddy sind also Dinge, die sich ein Kleinkind selbst zurechnet, die es aus seiner Sicht aufwerten. Im Alter zwischen 18 Monaten und etwa drei Jahren verteidigen Kinder ihren Besitz deshalb vehement. Dann erst beginnen sie, das nötige Einfühlungsvermögen zu entwickeln und bekommen langsam ein Gespür dafür, dass außer dem „Ich“ auch das „Du“ Wünsche und Bedürfnisse hat.

Wie Eltern damit umgehen

Kinder lernen eines Tages Konflikte selbst zu lösen. Manchmal schaffen das auch schon die Kleinsten. Dann haben Eltern Glück und die Sprösslinge lösen den Streit um das Spielzeug ganz alleine. Deshalb warten Sie im Ernstfall erstmal ab. Sollten Sie doch einschreiten müssen, erklären Sie den Streithähnen – in unserem Fall Anna und Max –, dass die Schaufel Max gehört und Anna Max fragen muss, ob sie damit spielen darf. Sagt Max „nein“, muss Anna das akzeptieren – und sich ein anderes Spielzeug suchen. Klingt erstmal simpel, in der Praxis sitzt eventuell Annas Mutter neben Ihnen auf der Parkbank am Spielplatz und schaut verblüfft drein oder mischt sich ebenfalls in den Streit.

Im Internet setzen sich Mütter und Ärzte mit dieser Thematik auseinander und stellen fest: Oft akzeptiert es ein Kind viel leichter, nicht teilen zu müssen als manche Eltern, die ihre Kleinkinder zum Teilen zwingen wollen.

Erklären Sie deshalb auch der Mama von Anna, warum Ihr Kind nicht teilen muss. Vielleicht so: Wenn ich Max zum Teilen zwinge, wird er seinen Besitz später umso vehementer verteidigen. Und was lernt er daraus? Dass ihm nichts wirklich gehört. Dass er dazu gezwungen ist, (Körper-)Teile von sich selbst mit anderen zu teilen. Und seien wir einmal ehrlich: Würden Sie einen Fremden mit Ihrem Smartphone oder Auto „spielen“ lassen?