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So helfen wir Tieren beim Winterschlaf und bei der Winterruhe im Garten
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Sicheres Quartier

So helfen wir Tieren beim Winterschlaf und bei der Winterruhe im Garten

Die Winter werden immer milder und schneeärmer. Wie wirkt sich das auf den Winterschlaf von Tieren aus? Und was können wir tun, um Siebenschläfer, Fledermaus & Co. auf ihrer Suche nach einem Winterquartier zu unterstützen? ACTIVE BEAUTY hat mit einer Expertin vom Naturschutzbund gesprochen.
Die Biologin und Ökologin Carolina Trcka-Rojas MSc. bringt als Projektleiterin beim Naturschutzbund Österreich unter anderem ihr Fachwissen rund um die Überwinterung von Reptilien und Amphibien ein.
Nicht nur die Menschen, auch die Natur bereitet sich im Spätherbst auf den Winter vor. Zugvögel und viele Falter begeben sich auf ihre Reise in wärmere Gefilde im Süden. Andere Tierarten ziehen sich für viele Monate in ihre Verstecke zurück, um erst im Frühjahr wieder hervorzukommen. Was passiert während dieser Zeit und wie können Gartenbesitzerinnen und -besitzer die Tiere im Winter unterstützen? Carolina Trcka-Rojas, Projektleiterin beim Naturschutzbund Österreich, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Winterschlaf.

Was passiert während des Winterschlafs?

Sobald die Tageshelligkeit abnimmt, die Temperaturen fallen und das Nahrungsangebot knapper wird, begeben sich Winterschläfer zur Ruhe. Doch was kuschelig und gemütlich klingt, ist in Wirklichkeit eine Zeit, die den Tieren alles abverlangt. Deshalb müssen sie sich auch viele Reserven anfuttern, um die Wintermonate zu überstehen.


Dem Tod näher als dem Leben

Winterschlafende Tiere wie etwa Fledermäuse reduzieren ihre Vitalfunktionen auf ein Minimum. „Manche Arten haben nur noch fünf Herzschläge oder zwei Atemzüge pro Minute, die Körpertemperatur wird auf bis zu vier Grad gesenkt“, erklärt Trcka-Rojas. Von außen gesehen, wirken die Tiere fast wie tot.

Wie der Organismus der Tiere diese Extreme unbeschadet aushalten kann, wird zurzeit noch erforscht. „Wir wissen ja, wie gefährlich Unterkühlungen für Warmblüter – zu denen auch wir Menschen zählen – sind. Aber die Evolution hat dafür gesorgt, dass der Körper während des Winterschlafs in einer Balance befindet“, zeigt sich Trcka-Rojas fasziniert.

Der Winterschlaf ist kein ‚normaler‘ Schlaf

„Ein Winterschlaf ist kein komplettes ‚Durchschlafen‘“, sagt die Expertin. Es kann durchaus vorkommen, dass die Tiere ganz wenige Male im Winter erwachen, um ihre Position zu ändern oder ihr Geschäft zu verrichten. Ebenso können sie bei Gefahren aus dem Winterschlaf erwachen, etwa wenn sich ein Fressfeind nähert oder die Temperatur stark absinkt, sodass sie sich ein neues, sicheres Versteck suchen müssen.

„Trotzdem sollten die Tiere keinesfalls gestört werden, denn es kostet sie jedes Mal Energie, die ihnen am Ende des Winters fehlen könnte“, warnt die Biologin. Der Winterschlaf ist auch kein normaler Schlaf, der der Erholung des Körpers dient. „Es ist keine Regenerationsphase, sondern vielmehr eine Präservationsphase“, so Trcka-Rojas.
Lesen Sie in unserem Wald-Knigge, wie sich menschliche Besucherinnen und Besucher idealerweise in der Natur verhalten, um Tiere und Pflanzen nicht zu stören.

Was sind Winterruhe und Winterstarre?

Etwas weniger extrem als der Winterschlaf ist die sogenannte Winterruhe. „Dieser Begriff wird oft synonym verwendet, aber es ist doch ein anderer Zustand als der Winterschlaf“, sagt die Biologin. Die Tiere ziehen sich hier ebenfalls in Verstecke zurück, jedoch sind ihre Lebensfunktionen nicht so stark heruntergefahren. Sie wachen häufiger auf, setzen Kot und Urin ab und begeben sich bei Warmphasen auch manchmal auf Nahrungssuche. Das kennt man hierzulande von Eichhörnchen und Dachsen, aber auch vielen anderen Säugetieren.

Reptilien, Amphibien, Fische und Gliederfüßler verfallen bei Kälte hingegen in eine Winterstarre. Wie diese aussieht, ist jedoch sehr artspezifisch. Die meisten Tiere bewegen sich nur wenig, sehr langsam oder gar nicht, fressen und trinken auch nicht. „Insekten und manche wechselwarmen Reptilien haben den Vorteil, dass sie nicht einfrieren können“, erklärt Trcka-Rojas. Einige Insekten verfügen über Frostschutzenzyme, Teichmolche haben so hohe Glukosekonzentrationen im Blut, dass sie vor Frost geschützt sind. Fische hingegen sind etwas aktiver und nehmen im Winter auch Nahrung zu sich – wenn auch weniger als in den warmen Monaten. Sie müssen sich jedoch in Gewässerbereichen aufhalten, in denen sie vor Frost geschützt sind. Oft suchen sie daher tiefere Wasserbereiche auf.

Wozu machen Tiere Winterschlaf?

Der Winterschlaf, die Winterruhe und die Winterstarre sind eine Maßnahme der Tiere, um Energie zu sparen. Denn das Angebot an Nahrung ist knapp und das Warmhalten bei Kälte kostet viel Energie. „Es ist auch sicherer, wenn man eine gewisse Zeit des Jahres im Versteck verbringt, wo man nicht mit Konkurrenten oder Fressfeinden rechnen muss“, erklärt die Biologin.

Zudem gibt es Arten, die längere Kaltphasen für einen normalen Hormonhaushalt und ihre Fortpflanzung im nächsten Jahr benötigen. Das trifft etwa auf viele Fischarten zu. „Auch Landschildkröten leben weitaus länger und gesünder, wenn sie eine Winterstarre einhalten“, nennt Trcka-Rojas ein weiteres Beispiel.


Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Winterschlaf aus?

Inwiefern der Klimawandel die Tierwelt im Winter beeinflusst, ist sehr artspezifisch. Besonders für Tiere, die längere Kaltphasen im Winter für ihren genetisch festgelegten, natürlichen Jahresablauf brauchen, sind wärmere Winter ein Problem. Andere Tiere wiederum profitieren sogar von milderen Temperaturen. Manche Zugvögel begeben sich nicht mehr auf die weite, gefährliche Reise in den Süden, sondern bleiben in Europa. „Wenn genügend Nahrung für die Tiere vorhanden ist, bleiben Winterschlaf und Winterruhe zum Teil einfach aus“, sagt die Biologin. So halten zum Beispiel Bären, die in Zoos leben, keinen Winterschlaf. Schließlich haben sie dort ein warmes Quartier und werden mit Futter versorgt.


Tiere unter Anpassungsdruck

Um herauszufinden, wohin die Entwicklung geht, hilft ein Blick in südlichere Länder. Erdkröten fallen dort etwa in keine Winterstarre. Dafür vergraben sie sich bei Sommerhitze. Ebenso machen es Schnecken, wenn es ihnen zu trocken wird. „Man hat auch Populationen von Siebenschläfern beobachtet, die statt eines Winterschlafs einen Sommerschlaf halten“, berichtet Trcka-Rojas. „Die Natur hat es also evolutionstechnisch geschafft, das Prinzip des Winterschlafs umzukehren.“

Es besteht also zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass die Tiere sich langsam anpassen. „Doch die Betonung liegt auf ‚langsam‘! Genauso gut könnte es sein, dass die heimischen Populationen mit der schnellen Erwärmung nicht zurechtkommen“, betont die Expertin.

Ein noch viel größeres Problem seien durch den Klimawandel verursachte Wetterextreme wie häufige, längere Warmphasen im Winter und Kälteeinbrüche im Sommer, die für Wildtiere lebensbedrohlich sein können.

Wie kann man Tiere beim Winterschlaf unterstützen?

Was können nun Gartenbesitzerinnen und -besitzer tun, um die Tierwelt zu unterstützen? „Diese Frage beantworte ich besonders gerne, denn die allerbeste Methode ist: Im Herbst und Winter einfach mal faul sein!“, so die Biologin. Wer das Laub auf einen Haufen zusammengerecht hat, lässt es liegen, ebenso Heckenschnitt, Stöcke und Holzhaufen. Das sich zersetzende Laub bildet Wärme und ist ein perfektes Winterquartier für Igel, Erdkröten, Zauneidechsen, Blindschleichen und viele Mausarten. Auch der Komposthaufen sollte in diesen Monaten nicht umgeschichtet werden. In stehengelassenen Gräsern und Halmen überwintern viele kleine Insekten, daher sollte das Gras nicht mehr gemäht werden.

Und wann darf man wieder fleißig sein? „Sobald es im Frühjahr zwei Wochen durchgehend zehn Grad Außentemperatur hat, kann man relativ sicher sein, dass die allermeisten Tiere ihre Verstecke wieder verlassen haben“, erklärt Trcka-Rojas. Ein besonders zuverlässiger Indikator seien die Igel. Sind die stacheligen Säugetiere wieder aktiv, dann sind auch die meisten anderen Tiere aus ihrem Winterschlaf bzw. ihrer Winterruhe erwacht.


Die Tiere möglichst ungestört lassen

Hat man doch versehentlich ein Tier beim Winterschlaf gestört, etwa einen Igel unter einem Laubhaufen, dann ist es das Beste, das Versteck wieder zuzudecken und in Ruhe zu lassen. Manche suchen sich auch einen neuen Unterschlupf. Eine einmalige Störung des Winterschlafs bzw. der Winterruhe ist für die Tiere oft noch verkraftbar. „Doch jedes Hochfahren des Stoffwechsels ist sehr anstrengend und verbraucht unnötig viel Energie. Sind nicht mehr genügend Reserven vorhanden, schaffen sie es womöglich nicht über den Winter“, betont die Expertin.


Sichere Quartiere anbieten

Wer aktiv etwas für die Tierwelt tun möchte, kann Trockenmauern aus Steinen aufzuschichten, in deren Ritzen viele Reptilien die kalte Jahreszeit überdauern. Es ist auch möglich, einen Gartenteich anzulegen, der tief genug ist, dass darin Tiere die Kälte überstehen. Auch Vogelhäuschen, die im Herbst gereinigt wurden, sind ein geschütztes Plätzchen für Eichhörnchen und andere kleine Säugetiere, die sich für ihren Winterschlaf oder ihre Winterruhe darin verkriechen.

Es gibt im Handel auch eigene Insektenhotels für den Winter. „Diese werden aber oft gar nicht so gerne genutzt“, sagt Trcka-Rojas. Viel wichtiger seien natürliche Unterschlupfe. Zudem werden Garagen, Gartenhütten und Dachböden gerne als Unterkunft genutzt, sofern die Tiere durch kleine Ritzen und Einfluglöcher dort hineinkommen.

Es gibt also viele Möglichkeiten, ein passendes Angebot zu schaffen. Und das Beste daran: Man tut nicht nur der Natur etwas Gutes, sondern kann dann im Frühjahr sich selbst an vielen tierischen Gästen erfreuen. Wer auf Tiere aufmerksam wird, die aus ihren Winterquartieren kommen, kann diese auch auf der Meldeplattform naturbeobachtung.at oder in der gleichnamigen, kostenlosen App (für Android und iPhone verfügbar) melden. Solche Naturbeobachtungen von Citizen Scientists helfen der Forschung und dem Naturschutz, indem sie wertvolle Daten liefern.
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