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Ist Urlaub gut für die Beziehung? Eine Beziehungsexpertin gibt Tipps
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Beziehungskiller Urlaub?

Ist Urlaub gut für die Beziehung? Eine Beziehungsexpertin gibt Tipps

Für so manches Paar ist es die schönste Zeit im Jahr, die man sehnsüchtig herbeisehnt. Dieser hohe Erwartungsdruck führt aber auch dazu, dass Beziehungsprobleme im Urlaub an die Oberfläche kommen. Ist Urlaub gut für die Beziehung? Eine Beziehungsexpertin gibt Auskunft.

Mag.a Anna Thaler ist Paarberaterin und Beziehungscoachin mit Praxis in Gmunden am Traunsee. Sie bietet Unterstützung bei allen Themen rund um Paarbeziehung und Liebe. Die Beziehungscoachin erklärt für ACTIVE BEAUTY, was Bindungsangst ist.

1. Frau Mag.a Thaler, ist Urlaub gut für die Beziehung oder ist er ein Beziehungskiller?

Das kommt ganz auf die Qualität der Beziehung an. In der Regel wirkt Urlaub wie ein Verstärker. Wobei er aber leider nicht die Liebe per se verstärkt, sondern ganz einfach alles, was da ist, lauter macht. So können die Bereiche der Beziehung, die im Alltag gut beziehungsweise schön sind, im Urlaub weiter aufblühen: Tun sich beide Partner etwa leicht mit Nähe und Verbindung, werden sie im Urlaub sehr wahrscheinlich noch mehr Verbundenheit und Nähe erleben. Dann fallen Sätze wie „Wenn wir nur zu Hause auch so viel gemeinsame Zeit hätten, wie schön wäre das. Diese Nähe tut so gut!“ Und damit ist grundlegend nicht gleich Sexualität gemeint, sondern eine emotionale Verbundenheit – die in Beziehungen immer die Voraussetzung für erfüllende Sexualität ist.
Lebt man im Alltag hingegen eher nebeneinander, wird diese Distanz im Urlaub noch deutlicher fühlbar. Was kein Problem darstellt, wenn beide Partner mit der Distanz zufrieden sind. Da dies aber sehr selten der Fall ist, fällt der Urlaub gefühlstechnisch dann meistens ins Wasser: Die oder der eine sehnt den Urlaub herbei, um endlich mehr gemeinsame Zeit, gute Gespräche, Entspannung und Nähe mit der Partnerin oder dem Partner zu erleben. Der oder die andere zeigt dagegen wenig Interesse an Verbindung, sondern bleibt in Ablenkung und Vermeidung, wie dicht gedrängtes Sightseeing, Tennisstunden, Radkilometer, Gipfelziele, aber auch stundenlanges Abtauchen hinter Handys, Tablets oder Büchern. Das mag zwar den Einzelnen vom sonst stressigen Arbeitsalltag gut entspannen, tut aber rein gar nichts für die Beziehung. Im Gegenteil: Gerade im Urlaub ist die Enttäuschung über so viel reine Selbstfürsorge und Nichtbeachtung der Bedürfnisse der Partnerin oder des Partners noch enttäuschender als zu Hause.
Deutlich negativ verstärkt werden durch den Urlaub offene Konflikte: Da sitzt man dann bei Kerzenschein im schönsten Sommeroutfit und mit Urlaubsglow im romantischen Restaurant am Meer, und – zack! – sind die Lieblingsthemen wie Schwiegermutter, Finanzen, Kindererziehung und Eifersucht mit am Tisch.
Ein Urlaub zeigt also in Summe sehr deutlich, wie gut das Zusammenspiel in der Partnerschaft wirklich funktioniert.

2. Wie vermeidet man am besten Streit im Urlaub?

Streit absichtlich aus dem Weg zu gehen, ist langfristig nie wirklich förderlich und im Urlaub meist noch schwerer als zu Hause. Vor allem, wenn entweder viele ungeklärte Konflikte mit im Gepäck sind, und/oder – wie für Urlaube typisch – die Erwartungshaltungen sehr hoch und vielleicht auch noch unterschiedlich sind.
Grundlegend halte ich es für keine gute Idee, im Urlaub alles hinunterzuschlucken, nur damit es „ruhig“ bleibt. Denn innerlich ist man in diesem Fall mit Sicherheit nicht ruhig: Entspannung und unterdrückte Gefühle schließen sich aus.
Bei Beziehungsstreit geht es im Hintergrund meist um unerfüllte Bedürfnisse: das Bedürfnis nach Nähe, nach Autonomie oder nach Sicherheit. Hat das Paar eine gute Streitkultur, und ist es beiden Partnern möglich, die eigenen Bedürfnisse auszudrücken, sollte man Uneinigkeiten, die im Urlaub auftauchen, gleich besprechen und bereinigen. Nur so kann man die Urlaubszeit anschließend wieder genießen und entspannen.
Grundsätzlich gilt in aufgeladenen Situationen oder bei Meinungsverschiedenheiten immer: innehalten, emotionale Selbstregulation, wie zum Beispiel tief und lange durchatmen, und sich fragen, „Was brauche ich gerade?“ und „Was braucht meine Partnerin oder mein Partner gerade?“

Streit gehört bei einer Beziehung dazu

3. Wie kann man den Urlaub nützen, um die Beziehung zu stärken?

Diese Frage beantworte ich besonders gerne, da ein Urlaub wirklich sehr große Ressourcen für ein Paar haben kann – wenn beide bereit sind, diese Zeit auch genau dafür zu nutzen und sich aufeinander einlassen.
Den Urlaub nützen, um die Beziehung zu stärken, ist nicht schwer: Stellen Sie sich einfach vor, dies wäre Ihr allererster gemeinsamer Urlaub. Wie würden Sie sich verhalten? Worüber würden Sie sprechen, welche Fragen würden Sie stellen? Wie würden Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner ansehen? Am Beginn einer Beziehung machen wir alle eine Sache immer richtig: Wir stellen unser Gegenüber in den Mittelpunkt, sind neugierig, aufmerksam, offen, zeigen uns von der besten Seite, sind charmant und flirten, und – wir bemühen uns. Wenn beide (!) Partner dieses Verhalten im Urlaub aktivieren, ist das ein Turboboost für jede Beziehung – und bringt in den meisten Fällen auch wieder mehr erfüllende körperliche Nähe.

Mein Geheimtipp: Dazu müssen Sie nicht einmal in den Urlaub fahren, das klappt auch zu Hause.

4. Kann ein gemeinsamer Urlaub die Beziehung retten?

Wenn eine Liebe bereits am Zerbrechen ist, also die Basis nicht mehr tragfähig ist, kann auch kein Urlaub die Beziehung retten. Rettende Maßnahmen können dann nur eine Veränderung des Verhaltens beziehungsweise eine Veränderung der Einstellung zueinander sein. Das ist jedoch völlig unabhängig vom Ort, an dem man sich aufhält, oder vom Geld, das man dafür ausgibt. Letzteres sollte man dann besser in eine Paarberatung investieren. Sollte es allerdings noch nicht fünf vor zwölf sein, kann ein Urlaub sehr wohl helfen, Abstand vom Alltag zu gewinnen, die Perspektiven zu wechseln und den nötigen Impuls für einen Shift geben. Dazu müssen aber beide bereit sein.

5. Was soll man tun, wenn man einen Urlaub gebucht hat, aber die Beziehung bereits kaputt ist?

Das ist sehr individuell. Handelt es sich um ein sehr streitintensives Paar, muss man sich die Frage stellen, ob der Urlaub für das Nervensystem mehr Stress als Entspannung, also mehr Schaden als Nutzen bringt. Handelt es sich aber um ein Paar, das im Urlaub immer gut – wenn auch nebeneinander – funktioniert hat, kann man sehr wohl ganz pragmatisch vorgehen und die Zeit (jeder für sich) genießen.

6. Warum kommt es nach dem Urlaub bei Paaren zur Trennung?

Das kommt tatsächlich häufiger vor. Sehr oft sogar, wenn das Fundament der Beziehung bereits wackelt, und man den Urlaub als „letzte Chance“ oder „Rettungsprogramm“ sieht. Da Urlaub als Verstärker sowohl das Gute in Beziehungen vermehrt, als auch das Schlechte, ist es logisch, dass wenig Fundament am Ende noch weniger ergibt, beziehungsweise wenig Übereinstimmung und Gemeinsamkeiten noch weniger werden. Im Urlaub fallen meist die Ablenkungen des Alltags, wie Kinder, Job, Haushalt, Verpflichtungen, weg, und es wird sehr schnell sichtbar, was zwischen den Partnern noch übrig ist – und das ist manchmal zu wenig. Diese Einsicht ist immer schmerzhaft, aber für ein persönliches Weiterkommen unerlässlich.

7. Soll man mit dem Ex noch auf Urlaub fahren (weil man schon gebucht hat), auch wenn man in einer neuen Beziehung ist?

Wenn der Urlaub mit Kindern geplant ist, die sich schon sehr darauf freuen, und gewährleistet werden kann, dass die erwachsenen Ex-Partner ihren Umgang miteinander respektvoll gestalten, und auch die neue Partnerin oder der neue Partner damit einverstanden ist, dann ja. Sind nur Erwachsene betroffen, die in einer monogamen Beziehung leben möchten, wäre das charakterlich für mich bedenklich, da es mit Sicherheit zu großen Verletzungen kommt.

8. Was bedeutet es, wenn jemand mit einem in den Urlaub fahren möchte, aber keine Beziehung möchte?

Das klingt nach einem Hinweis auf vermeidendes Bindungsverhalten und fehlendes Commitment. In diesem Fall sollte man kritisch hinterfragen, ob das Verhalten des Gegenübers wirklich zum eigenen Bindungsverhalten – also zu den eigenen Wünschen und Bedürfnissen in einer Beziehung – passt. Wenn ich mich in diesen Menschen verliebt habe und mich nach einer festen Beziehung mit ihm sehne, sie oder er sich aber nicht, rate ich ganz deutlich von einem gemeinsamen Urlaub ab. Die Gefahr, dass meine Erwartungen nicht erfüllt und meine Gefühle (noch mehr) verletzt werden, ist viel zu groß. Stellen Sie höhere Anforderungen, geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden – suchen Sie unbedingt weiter nach einem Menschen, der mit Ihnen nicht nur im Urlaub, sondern auch in einer Beziehung sein möchte.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema Situationship, einem modernen Phänomen, bei dem es sich auch um vermeidendes Bindungsverhalten handelt.

9. Was soll man tun, wenn die Beziehung nach dem Urlaub komisch ist?

Das kann mehrere Ursachen haben: enttäuschte Erwartungen, Verletzungen, emotionale Distanz, unausgesprochene Konflikte … Als Lösung empfehle ich das zeitnahe, offene und ehrliche Ansprechen dieses Gefühls: „Ich habe den Eindruck, dass es zwischen uns komisch ist, seit wir zurück sind. Ich merke das an x, y und z.“ Also genau beschreiben, was sich anders anfühlt, und in welchen Momenten. Und weiter: „Das finde ich enorm schade, und es macht mich traurig/betroffen…“. Die Gefühle hier genau beschreiben. Und dann: „Ich würde mir wünschen, dass wir der Ursache auf den Grund gehen, und dass es uns wieder gut geht. Geht es dir auch so? Wie war es für dich? Woran könnte es liegen? Wie können wir das ändern?“

10. Wenn die Erwartungen sehr verschieden sind, soll man dann lieber getrennt in den Urlaub fahren?

Wenn die Erwartungen an die Partnerschaft sehr verschieden sind, sollte man dies unbedingt vor einem gemeinsamen Urlaub klären. Wenn es um die Erwartungen an den Urlaub geht, ebenfalls. Die Erwartungen an einen Urlaub sind per se schon enorm hoch: Man hat meist nur wenig freie Zeit pro Jahr, Urlaube sind teuer, meist zu kurz, und man erwartet in allem das Maximum. Wetter, Erlebnis, Unterkunft, Essen, Attraktionen und nicht zuletzt die Fotos davon sollen allesamt perfekt sein. Das Risiko, dass etwas nicht ideal abläuft, ist also immer hoch. Wenn im Vorfeld bereits feststeht, dass die individuellen Erwartungen beider Partner an den Urlaub auch noch sehr unterschiedlich sind, setzt man sich einer fast unlösbaren Situation aus. Wenn er aktives Sightseeing in Athen plant, und sie sich auf einem Liegestuhl am Meer sieht, könnte das wirklich sehr schwierig werden.

Rechtzeitig offen über die eigenen Bedürfnisse sprechen und versuchen, Kompromisse zu finden. Man muss im Urlaub nicht 24/7 zusammen sein, meist tut ein wenig Luft sogar sehr gut. Nur die emotionale Verbindung darf nicht verloren gehen.

11. Wenn man ohne den Partner auf Urlaub fährt – wie oft soll man sich bei seinem Partner melden?

Hier gibt es keine „richtige“ Frequenz. Wichtig ist die jeweilige emotionale Sicherheit. Manchen ist es wichtig, täglich zu telefonieren, andere genießen eine gewisse Pause und Distanz voneinander. Wichtig: Im Vorfeld klären, was beide Partner brauchen, um sich sicher und verbunden zu fühlen, und dabei kritisch hinterfragen, wie gut man diesbezüglich zusammenpasst. Wenn zwei Partner emotional und bindungstechnisch gut zueinander passen, werden sie auch ähnliche Vorstellungen davon haben, wie oft sie im Urlaub voneinander hören möchten. Passen die Bedürfnisse hier nicht gut zusammen, verlangt also eine oder einer nach mehr Nähe beziehungsweise Distanz, als die oder der andere, weist dies auf ein Basisproblem hin. Es ist von großer Wichtigkeit, dass das jeweilige Bedürfnis nach Nähe befriedigt wird. Warum? Weil alle Menschen Bindungswesen sind: Bei zu wenig Bindung und Nähe wird – ausgelöst durch unser Bindungsbedürfnis – ein Alarmsignal in uns aktiviert. Wir können nur dann glücklich, erfüllt und mit einem entspannten Nervensystem leben, wenn unser Bindungsbedürfnis in Form von ausreichender Nähe erfüllt wird. Eine Paarberatung kann bei Unstimmigkeiten in diesem wichtigen Bereich für Klarheit sorgen.

Tipps der Expertin für einen harmonischen Paarurlaub:

1. Erwartungen klären

Klären Sie vor dem Urlaub die jeweiligen Erwartungen: Was bedeutet für uns Erholung? Was ist uns in diesem Urlaub am wichtigsten?

2. Wünsche und No-Gos abstimmen

Um die jeweiligen Wünsche und Nicht-Ziele zu definieren, sollte jeder für sich diese Sätze vervollständigen und sich dann darüber mit der Partnerin oder dem Partner austauschen:

Ich wünsche mir in diesem Urlaub…
Auf keinen Fall möchte ich, dass…

3. Aufgaben aufteilen

Damit die komplette Urlaubsplanung nicht an einer Person hängen bleibt, sollten die den Urlaub betreffenden Aufgaben gerecht aufgeteilt werden. Wer kümmert sich worum? Hier ein paar Punkte, welche Jobs es zu verteilen gilt:

  • Planung
  • Bezahlung
  • Packen
  • Kinder
  • Tätigkeiten vor Ort etc.

4. Den Urlaub bewusst als Beziehungsquelle nutzen

Um den Urlaub als Beziehungsquelle, das heißt etwas, das die Beziehung nährt, zu nutzen, sollten Sie sich die folgenden Fragen stellen: Was brauchen wir dazu? Wie könnten wir das schaffen?

5. Aktivitäten vorausplanen

Um im Urlaub nicht über die Zeitplanung in Streit zu geraten, ist es am besten, sich vorab schon einen groben Zeitplan zurecht zu legen: Welche Dinge machen wir gemeinsam, welche getrennt?

6. Eine digitale Auszeit nehmen

Im Urlaub ergibt sich die Gelegenheit, einmal bewusst auf das Smartphone zu verzichten und diese Zeit in die Beziehung zu investieren. Hier ist es am Paar, eine bewusste Entscheidung zu treffen: Geben wir uns mehr Zeit füreinander?

So funktioniert Digital Detox.

7. Gut miteinander kommunizieren

Nicht nur wichtig im Urlaub, sondern essenziell für die Beziehung ist Kommunikation: Reden, Besprechen, Unterhalten, Austauschen, Nachfragen – je mehr, desto besser!

8. Aufmerksamkeit und gegenseitige Priorisierung

Schenken Sie sich gegenseitig Aufmerksamkeit und priorisieren Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner. Wenn Sie sich so verhalten, als es wäre der erste gemeinsame Urlaub, belebt das wieder die Beziehung.

9. Genießen

Dann bleibt nur noch: Genießen, genießen, genießen!

Fazit:

Wenn beide Partner bereit sind, sich wirklich aufeinander einzulassen, kann der Urlaub eine echte Beziehungsquelle, das heißt eine Bereicherung für die Beziehung sein.

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