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Schwangerschaftsdiabetes: Was bedeutet die Diagnose?

Gesundheit

Schwangerschaftsdiabetes: Was bedeutet die Diagnose?

Die Schwangerschaft sollte eine Zeit der Unbeschwertheit und der Vorfreude sein – doch wenn es während der neun Monate zu Komplikationen kommt, ist die Sorge natürlich groß. Eine der häufigsten Diagnosen ist Schwangerschaftsdiabetes – für viele betroffene Frauen erst einmal ein Schock. Zahlreiche Fragen tauchen auf: Was bedeutet die Diagnose? Welche Folgen kann die Erkrankung haben? Wir haben mit einer Fachärztin gesprochen.

Die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes ist oft ein Schock

In Österreich werden alle Schwangeren zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche auf Gestationsdiabetes gescreent, und zwar im Rahmen des oralen Glukosetoleranztests (OGTT). „Die Frau muss nüchtern zur Blutabnahme gehen und erhält eine Zuckerlösung zum Trinken. Der Blutzucker wird dann nach einer Stunde und nach zwei Stunden bestimmt“, erklärt Dr. Ingrid Schütz-Fuhrmann, Fachärztin für Innere Medizin und Oberärztin der Abteilung für Endokrinologie an der Klinik Hietzing in Wien, das Prozedere. Für den Nüchternblutzucker gilt der maximale Grenzwert 92 mg/dl, der maximale Ein-Stunden-Wert lautet 180 mg/dl und der maximale Zwei-Stunden-Wert 153 mg/dl. Wenn nur ein Wert überschritten wird, dann liegt Schwangerschaftsdiabetes vor.

Dabei handelt es sich um eine vorübergehende Stoffwechselstörung, die durch das Zusammenspiel von Schwangerschaftshormonen ausgelöst wird und erstmals in der Schwangerschaft auftritt. Sieben bis zehn Prozent der Schwangeren sind laut der Österreichischen Ärztezeitung betroffen. Gestationsdiabetes zählt zu den häufigsten Komplikationen während der Schwangerschaft und kann unbehandelt ernste Folgen für die Schwangere und das Ungeborene haben. „In der Regel verschwindet diese Form der Zuckerkrankheit nach der Geburt wieder“, erklärt Dr. Schütz-Fuhrmann. „Bei Frauen, die an Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 erkrankt sind, besteht die Krankheit schon vor der Schwangerschaft und bleibt auch bestehen.“

Für betroffene Frauen kommt die Diagnose oft unerwartet und wie ein Schock. So schreibt beispielsweise die Hamburger Journalistin Marlene Borchardt auf ihrem Blog zuckerzeittyp4.de: „Durchgefallen, Test nicht bestanden, versagt – so fühlte es sich an, als mich meine Frauenärztin mit der Diagnose Gestationsdiabetes konfrontierte.“ Hinzu kommen Scham- und Schuldgefühle: „Ich fühlte mich nicht mehr wie eine Schwangere, sondern wie eine kranke Hülle, die ihr Baby gefährdete.“

Gefühle, die Dr. Schütz-Fuhrmann gut verstehen kann. Gleichzeitig möchte sie betroffenen Schwangeren die Angst nehmen: „Ich kann beruhigen. Wichtig ist es, sofort ein Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt zu führen. Bei rechtzeitiger Behandlung können Komplikationen ausgeschlossen werden.“

Schwangerschaftsdiabetes: Symptome sind oft nicht eindeutig

Schwangerschaftsdiabetes verläuft zumeist ohne Symptome oder diese werden als typische Schwangerschaftsbeschwerden gedeutet. Zum Beispiel kann es zu anhaltendem Durstgefühl, häufigem Wasserlassen und Müdigkeit kommen. „Durch den Zuckerbelastungstest, der im Mutter-Kind-Pass verpflichtend vorgesehen ist, wird Schwangerschaftsdiabetes jedoch rechtzeitig erkannt“, so Dr. Schütz-Fuhrmann.

Es gibt bestimmte Risikofaktoren für Gestationsdiabetes wie Übergewicht, eine starke Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, höheres Lebensalter oder Fälle von Diabetes mellitus Typ 2 in der Familie. Frauen aus dem chinesischen, indischen oder südostasiatischen Raum sind häufiger betroffen. Ein höheres Risiko besteht auch bei Frauen, die bereits mehrere Fehl- oder Totgeburten hatten oder ein Kind mit Fehlbildungen oder einem Geburtsgewicht von mehr als 4.500 Gramm geboren haben.

Doch grundsätzlich kann jede Schwangere Gestationsdiabetes entwickeln – auch Frauen, auf die keine der genannten Risikofaktoren zutreffen. „Gute Vorsorgemaßnahmen sind eine gesunde Lebensführung schon vor der Schwangerschaft und das Wissen um Risikofaktoren, die von der Frau selbst nicht beeinflusst werden können“, sagt Dr. Schütz-Fuhrmann.

Schwangerschaftsdiabetes: Ernährung umstellen und Blutzucker messen


Betroffene Schwangere erhalten eine Diätberatung und werden darin geschult, ihren Blutzucker mehrmals am Tag selbst zu messen und zu dokumentieren. „Keinesfalls sollen Schwangere fasten!“, betont Dr. Schütz-Fuhrmann. Denn Kohlenhydrate sind wichtig für die Gehirnentwicklung des Ungeborenen. Einfach alle Kohlenhydrate vom Speiseplan streichen, wäre also sogar schädlich. Auf Weißmehlprodukte, Süßigkeiten, Fruchtsäfte und Softdrinks sollten betroffene Frauen jedoch weitgehend verzichten.

Grundsätzlich unterscheidet sich die Diät bei Schwangerschaftsdiabetes nicht von den allgemeinen Empfehlungen zu einer gesunden Ernährung. Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Kohlenhydraten in Form von Vollkornprodukten und hochwertigen Proteinen und Fetten ist wichtig. Vielen betroffenen Schwangeren hilft es auch, statt drei großen Mahlzeiten fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten zu essen. Allerdings muss jede Frau für sich selbst herausfinden, was für ihren Körper und ihren Lebensalltag passend ist. Daher ist eine individuelle Begleitung und Diätberatung während des Schwangerschaftsdiabetes so wichtig.

Maßnahmen wie die richtige Ernährung und Bewegung sind zumeist ausreichend, um die Blutzuckerwerte wieder ins Lot zu bringen. „Und wenn eine erweiterte Therapie mit Insulin erforderlich ist, so kann das leicht erlernt werden“, so Dr. Schütz-Fuhrmann. Zudem sind engmaschigere Kontrollen notwendig, um zu sehen, ob die Therapie anschlägt oder angepasst werden muss. Denn mit voranschreitender Schwangerschaft ändern sich auch wieder die Hormone im Körper.

Die Nachsorge bei Schwangerschaftsdiabetes ist wichtig

Auch wenn sich der Stoffwechsel bei den meisten Frauen spätestens im Wochenbett wieder normalisiert, sollten sie in Zukunft besonders auf ihre Gesundheit achten. „Denn sie haben ein erhöhtes Risiko, im Verlauf ihres Lebens an Diabetes mellitus Typ 2 und auch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken“, so Dr. Schütz-Fuhrmann.

Etwa sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt sollte erstmals wieder ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt werden, danach im Zwei-Jahres-Rhythmus. Bei einer weiteren Schwangerschaft sollte der Zuckerbelastungstest bereits früh durchgeführt werden – denn das Risiko ist hoch, erneut Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln.

Um die Risiken von Folgeerkrankungen zu minimieren, können Frauen also einiges tun. Dazu zählen auch ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung sowie Abnehmen bei Übergewicht. Und ganz wichtig: Stillen schützt Mütter langfristig vor Typ-2-Diabetes. Wie eine Studie des deutschen Kompetenznetzes Diabetes mellitus ergeben hat, senkt Stillen das langfristige Diabetesrisiko um mehr als 40 Prozent. Besonders ausgeprägt ist der Effekt bei Müttern, die ihre Kinder länger als drei Monate gestillt haben.