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So stärken wir unsere Resilienz und bewältigen Krisen
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Stark von innen

So stärken wir unsere Resilienz und bewältigen Krisen

Wer gut mit Stress umgehen kann, steckt auch Krisen besser weg. Resilienz nennt die Psychologie diese innere Stärke – und die lässt sich erlernen. Eine Resilienzforscherin erklärt, wie’s geht.

Mag. Anneliese Aschauer-Pischlöger ist Psychologin, Resilienzforscherin und Mitgründerin des Resilienz-Instituts. ACTIVE BEAUTY erklärt sie, wie man seine Resilienz stärken kann.

Frau Mag. Aschauer-Pischlöger, was versteht man unter Resilienz?

„Ursprünglich bezeichnete der Begriff Resilienz die Fähigkeit, Extremsituationen durchzustehen, ohne Schaden an der seelischen Gesundheit zu nehmen. Mittlerweile wird der Begriff häufiger verwendet – resilient ist, wer auch alltägliche Belastungen, wie Mental Load, gut meistert. Im Idealfall gehen wir aus Krisen sogar gestärkt und mit persönlichem Wachstum heraus.“

Warum wird der Begriff Resilienz in der heutigen Zeit immer relevanter?

„Wenn wir aktuell auf das Thema Resilienz blicken, dann hat das Thema seelische Robustheit mehr Bedeutung denn je. Wir leben in einer Zeit, in der vielfältige Grundbedürfnisse von Menschen bedroht sind. Dazu gehören das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Orientierung, nach Transparenz, nach Kontrollierbarkeit, aber auch nach tragfähigen sozialen Beziehungen, Autonomie und Entfaltungsmöglichkeiten. Vielfach wird aktuell davon gesprochen, dass wir sogenannten Polykrisen (Mehrfachkrisen) ausgesetzt sind. Die Zukunft erscheint vielen durch Klimakrise, politische Veränderungen, Teuerung und Kriegssituationen unvorhersehbarer denn je zu vor. Dies belastet Menschen und kann Stress und Ängste verursachen.“

Spielt der moderne Lebensstil hier auch hinein?

„Auf jeden Fall. Menschen fühlen sich gehetzter denn je, wir erleben eine unglaubliche Beschleunigung. Diese wird angefeuert durch die Überflutung mit Informationen, ständige Erreichbarkeit und Vergleiche auf Social Media. Im Job sind wir gefordert durch permanent neue Entwicklungen – dem Wunsch ständig auf dem neuesten Wissensstand zu sein, kann niemand mehr entsprechen. Resilienz bedeutet heute viel mehr noch Proselienz – also die Fähigkeit, trotz Unvorhersehbarkeit und Krisen proaktiv das eigene Leben selbstwirksam in die Zukunft hineinzugestalten.“

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Wie kann ich herausfinden, ob ich resilient bin?

Einen Resilienztest können Sie zum Beispiel auf der Seite https://www.igemo.at/self-check/resilienzcheck/ machen.

Resilienz stärken: Das können Sie laut Expertin tun

Um Ihre Resilienz zu stärken, können Sie sich auf vier Aspekte konzentrieren: Selbstwirksamkeit, körperliche Resilienz, emotionale Resilienz und Fokus auf Ressourcen und Lösungen.

1. Selbstwirksamkeit in belastenden Situationen stärken

Die Resilienzforscherin rät dazu, nach der 3-A-Methode vorzugehen. Diese besteht aus drei Teilen: Achtsam wahrnehmen, Akzeptanz und Ausrichten.

Achtsam wahrnehmen:

Zuerst geht es laut Aschauer-Pischlöger darum, der Situation ins Auge zu sehen. Um die eigene Wahrnehmung besser zu verstehen, kann man sich die folgenden Fragen stellen:

Was passiert da gerade?
Was löst das bei mir aus? Gefühle, Unruhe, Sorge, Befürchtungen, Wut…
Was genau belastet mich daran am meisten?
Was fällt mir schwer zu akzeptieren?

Akzeptieren:

Um mehr in die Akzeptanz zu kommen, kann man die Leitfrage „Was ist, wie es ist?“ formulieren. Es geht laut der Expertin darum, zu unterscheiden, was man selbst ändern kann und was außerhalb der eigenen Macht liegt. Als Ziel sieht Aschauer-Pischlöger das Akzeptieren der eigenen Gefühle.

Für mehr Klarheit können diese Beispielsätze vollendet werden: „Ich bin wütend, dass …“ / „Ich bin überfordert damit, dass …“ / „Ich hätte es gerne anders, dass …“ Man darf außerdem akzeptieren, dass die Annahme nicht leichtfällt: „Ich akzeptiere, dass es mir schwerfällt zu akzeptieren …“

Ausrichten:

Als Orientierungsfrage kann hier laut der Psychologin „Was kann ich tun?“ dienen. Untergeordnete Fragen und daraus resultierende Handlungen können sein:
„Was kann ICH konkret ändern?“: Bei Punkten mit Änderungspotenzial sollte man dann auch ins Handeln kommen.
„Was ist unveränderbar?“: Hier alles beim Alten belassen, auch wenn es nicht leichtfällt.
„Wie kann ich in dieser Situation dennoch gut für mich sorgen?“: Selbst in schwierigen Situationen, an denen man nicht viel ändern kann, sollte man
zumindest die Selbstfürsorge nicht vergessen.

2. Körperliche Resilienz

Um die eigene Resilienz zu stärken, ist es laut der Expertin wichtig, auf ausreichend Bewegung zu achten: „Bewegung hilft dem Organismus, Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin körperlich abzubauen. Gerade in extremen Stresssituationen erstarren wir geradezu, deshalb sollten wir unseren Körper immer wieder bewegen.“ Frei nach dem Motto: Wenn nichts mehr geht, dann gehe! Dabei rät die Psychologin besonders zur Bewegung in der Natur, weil hier der Erholungseffekt schneller eintritt und länger anhält. Das besagt auch die „Attention Restoration Theory“ (auf Deutsch: „Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie“) von Rachel und Stephen Kaplan. Für zu Hause eignen sich die folgenden Übungen:

Körperübung „Shake it“:

Ursprünglich stammt diese Übung aus der Tierwelt, erklärt Aschauer-Pischlöger: Tiere leiten überschüssige Energie durch regelmäßiges Schütteln ab. Für die Körperübung „Shake it“ (auf Deutsch „Schüttle dich“) stellt man sich also am besten vor, ein Hund, eine Katze oder ein anderes Tier zu sein.

So geht’s:
Aufrecht hinstellen, die Füße breitbeinig fest geerdet am Boden, und langsam beginnen, die Arme nach links und rechts zu schwingen. Lassen Sie sich von den Armen in eine angenehme Drehbewegung um die eigene Achse mitschwingen. Danach langsam und dann in schnellerem Tempo den ganzen Körper ausschütteln. Schütteln Sie die Arme, die Beine und schließlich den ganzen Körper für einige Zeit gut durch.

Atemübung „Der physiologische Seufzer":

Bauen Sie diese Übung ein, wenn Sie sich akut gestresst fühlen. Der „physiologische Seufzer“ besteht aus einer doppelten Einatmung und einer langen Ausatmung.

So geht’s:
Zuerst durch die Nase einatmen, kurz die Luft anhalten und danach nochmals einatmen, sodass sich die Lungen ganz füllen. Dann wieder eine Atempause machen – solange es für Sie gut passt. Anschließend die Luft langsam durch den Mund ausströmen lassen, als würden Sie durch einen Strohhalm pusten. Verstärken können Sie den Effekt, indem Sie das Ausatmen durch einen Seufzer unterstützen. Die Übung zwei- bis dreimal wiederholen.

Atemübung „Box Breathing“:

Auch „Box Breathing“ hilft bei akutem Stress, das vegetative Nervensystem zu beruhigen.

So geht’s:
Zuerst vollständig ausatmen und dann der Anleitung folgen:

  1. Langsam durch den Mund einatmen und bis vier zählen.
  2. Die Luft anhalten und wieder bis vier zählen.
  3. Langsam durch den Mund ausatmen und erneut bis vier zählen.
  4. Wieder die Luft anhalten und abermals bis vier zählen.

3. Emotionale Resilienz

Zur Stärkung der emotionalen Resilienz empfiehlt Aschauer-Pischlöger Journaling, eine Art Tagebuchschreiben über Gedanken und Gefühle. Besonders in fordernden Zeiten könne die heilsame Kraft des Schreibens hilfreich sein: „Krisen werfen uns aus der Bahn – wir verlieren regelrecht den Boden unter den Füßen und das Vertrauen ins Leben. Krisen katapultieren uns aber auch in die Lage, Gewohntes zu hinterfragen, das Leben zu reflektieren und neue Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen. Dadurch haben Krisen ein großes Potenzial zu Entfaltung, persönlichen Entwicklung und Heilung“, erklärt die Expertin. Für die Leserinnen und Leser von ACTIVE BEAUTY hat sie ein paar Reflektionsfragen formuliert, die beim Tagebuchschreiben helfen können:

  • Was ist mir im Leben wirklich wichtig?
  • Habe ich in letzter Zeit etwas viel zu sehr vernachlässigt? Was möchte ich wieder mehr in mein Leben bringen?
  • Was sind meine wichtigsten Kraftquellen? Welche Schätze habe ich in meinem Leben?
  • Welche Dinge darf ich loslassen – einfach mal sein lassen?
  • Was gibt es hier für mich zu lernen? Wofür könnte es gut sein?
  • Was darf an Neuem hereinkommen?

Warum diese Praxis so gut für die Psyche ist? „Fragen an sich selbst zu stellen und dazu in einem Journal regelmäßig stärkende Gedanken zu schreiben, hilft, den gestressten Geist zu beruhigen und wieder Klarheit zu gewinnen,“ weiß Aschauer-Pischlöger.

4. Fokus auf Ressourcen und Lösungen

Wichtig ist es in Krisen auch, die eigene Aufmerksamkeit auf seine Ressourcen und mögliche Lösungen zu richten. Aschauer-Pischlöger empfiehlt dazu, ein inneres Haben-Konto zu führen.

Und das geht so:
Lassen Sie regelmäßig Ihre letzten Tage, die letzten Monate und das Leben generell Revue passieren und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf kleine und große Momente, die trotz aller Schwierigkeiten gut waren. Verbuchen Sie Geschafftes, Fröhliches, schöne Begegnungen, bereichernde Erlebnisse… auf ein inneres Haben-Konto. Sagen Sie ganz bewusst zu sich: ,Schönes Erlebnis – kommt gleich auf mein inneres Haben-Konto‘.

In unserem Beitrag „20 Minuten für mehr Glücksmomente“ erfahren Sie, wie man ein Glückstagebuch führt.

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