Präbiotika und Probiotika: Das rät eine Diätologin für unsere Ernährung
Kleine Kapseln mit dem Versprechen für einen gesunden Darm: Zurzeit gibt es einen großen Hype rund um Probiotika und Präbiotika. Doch was ist der Unterschied und wofür sind sie wichtig? Ist die Einnahme von Probiotika wirklich sinnvoll? Die Diätologin Martha Resatz hat Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind Probiotika und Präbiotika?
- Ist die Einnahme von Probiotika sinnvoll?
- Kann man Probiotika und Präbiotikazusammen einnehmen?
- Wie lange dauert eine Darmsanierung mit Probiotika?
- Kann man Kindern Probiotika geben?
- Wann sollte man keine Probiotika einnehmen?
- In welchen Lebensmitteln stecken Probiotika und Präbiotika?
- Aus erntefrischem Bio-Weißkohl
- Koreanische Spezialität
- Rote Bete in Milchsauer eingelegt
Martha Resatz, Bsc., ist Diätologin mit eigener Praxis in Podersdorf am See und bietet Ernährungsberatungen und -coachings sowohl vor Ort als auch online an. Zudem arbeitet sie als Diätologin in der Klinik Kittsee.
Was sind Probiotika und Präbiotika?
Unser Darm ist von vielen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren und anderen Mikroben besetzt – sie bilden das Mikrobiom. „Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die dem Darmmikrobiom von außen zugeführt werden. Und Präbiotika sind sozusagen das Futter für die Probiotika“, erklärt die Diätologin Martha Resatz.Probiotika
Probiotika sind Mikroorganismen, die resistent gegen die Magensäure sind und unversehrt in den Darm gelangen. Wenn sie in ausreichender Menge zugeführt werden, haben sie eine positive Auswirkung auf die Darmgesundheit. Beispiele für Probiotika sind Milchsäurebakterien und Hefen. Sie stärken die Barrierefunktion des Darms und helfen dabei, Krankheitserreger in Schach zu halten.Präbiotika
Anders als Probiotika sind Präbiotika keine lebenden Organismen. Es handelt sich dabei um weitgehend unverdauliche Bestandteile der Nahrung wie etwa Inulin und Fructo-Oligosaccharide. Alle Präbiotika zählen zu den Ballaststoffen, jedoch haben umgekehrt nicht alle Ballaststoffe präbiotische Eigenschaften.Präbiotika können im Dünndarm nicht aufgespalten werden und gelangen somit intakt in den Dickdarm, wo sie von den dort lebenden Bakterien verstoffwechselt werden. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, die den pH-Wert im Darm senken. Das erleichtert die Aufnahme von bestimmten Mineralstoffen wie Calcium, Magnesium, Natrium und Phosphor. „Kurzkettige Fettsäuren unterstützen zudem die Darmbarriere und das Immunsystem. Sie helfen, entzündliche Reaktionen zu hemmen“, ergänzt die Expertin. Präbiotika verhindern, dass sich schädliche Bakterien an die Darmzellen anheften. Stattdessen binden sich die unerwünschten Keime an die Präbiotika und werden dann vom Körper ausgeschieden.
Ist die Einnahme von Probiotika sinnvoll?
Nahrungsergänzungsmittel mit Probiotika und Präbiotika werden zurzeit sehr gehypt. Viele versprechen sich davon einen positiven Effekt auf die Verdauung und Darmgesundheit. „Bevor ich zu Kapseln und Präparaten greife, würde ich bei der Ernährung ansetzen: Food first!“, rät die Diätologin.Bei manchen Beschwerden können Probiotika und Präbiotika auch gar nichts bewirken. „Bei extremen Blähbauchbeschwerden nach jedem Essen kann zum Beispiel eine sogenannte Fehlbesiedelung der Darmbakterien vorliegen. Diese ist ärztlich behandlungsbedürftig und muss medizinisch abgeklärt werden“, betont Resatz.
Jedes Darmmikrobiom ist individuell
Ein großer Kritikpunkt bei Präparaten mit Probiotika und Präbiotika ist die Tatsache, dass es sich dabei um „Massenware“ handelt. Dabei hat jeder Mensch ab seiner Geburt eine eigene, unvergleichliche Zusammensetzung an Mikroorganismen im Darm, vergleichbar mit dem Fingerabdruck. Ein wirksames Präparat müsste genau auf die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse abgestimmt sein.Und hier liegt das Problem: Wir können gar nicht feststellen, wie diese Voraussetzungen und Bedürfnisse überhaupt aussehen. „Es gibt zwar viele Selbsttests für den Stuhl, aber diese sind nicht wirklich aussagekräftig“, erklärt die Expertin. „Denn der Stuhl ist ja nur durch dieses Mikrobiom ‚hindurchgegangen‘. Wie das Mikrobiom selbst aussieht, das können wir mit dieser Methode nicht genau feststellen.“
Das Fazit der Diätologin: Als Lifestyle-Nahrungsergänzungsmittel sind Präparate mit Präbiotika und Probiotika nicht zielführend. In den meisten Fällen reicht eine ausgewogene Ernährung aus. „Wenn man aber Antibiotika einnehmen muss, halte ich es persönlich schon für sinnvoll, den Darm begleitend und auch noch für eine Zeitlang danach zu unterstützen“, so Resatz.
Probiotika und Präbiotika bei einer Antibiotika-Therapie
Tatsächlich hat eine Studienanalyse ergeben, dass Probiotika-Präparate das Risiko für eine Infektion mit dem Durchfall verursachenden Bakterium Clostridium difficile um 60 Prozent senken kann. Wichtig ist jedoch, dass mit der Einnahme spätestens zwei Tage nach dem Start der Antibiotika-Therapie begonnen wird, und dass eine zeitlich versetzte Aufnahme von zwei bis drei Stunden eingehalten wird, damit die probiotischen Keime nicht vom Antibiotikum abgetötet werden. Hat man die Antibiotika-Therapie bereits abgeschlossen, ist es für eine Darmsanierung mit Probiotika zu spät: Dann können die Probiotika den Wiederaufbau des eigenen Darmmikrobioms sogar verzögern, hat eine Studie herausgefunden.Daher sollte man bei einer Antibiotika-Therapie mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt besprechen, ob Probiotika und Präbiotika für den Wiederaufbau des Darmmikrobioms eingenommen werden sollen oder nicht.
Eine unbegründete, wahllose Einnahme von Probiotika und Präbiotika als Nahrungsergänzung ist jedenfalls nicht ratsam. Bisher ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt, welche Patientinnen und Patienten beim Einsatz von Antibiotika davon profitieren. Zudem wurde in einer Studie gezeigt, dass Menschen, die im Zuge einer Antibiotika-Therapie Probiotika eingenommen haben, häufiger Antibiotikaresistenzen entwickelten als Menschen, die auf Probiotika verzichteten.
Eine weitere Problematik bei Nahrungsergänzungsmitteln besteht darin, dass Studien über ihre Wirksamkeit meistens von den Herstellern finanziert werden und schlecht vergleichbar sind. Die Studienlage über ihre Wirksamkeit ist daher relativ unklar.
Kann man Probiotika und Präbiotikazusammen einnehmen?
In vielen Präparaten sind Probiotika und Präbiotika gemeinsam enthalten. Diese nennt man dann Synbiotika. „Solche Kombinationen kann man aber auch durch die Ernährung erzielen, etwa, indem man zum Frühstück ein Naturjoghurt mit einer Banane dazu isst“, erklärt die Diätologin.Wie lange dauert eine Darmsanierung mit Probiotika?
Wie lange es dauert, bis der Darm nach der Einnahme eines Antibiotikums wieder zu seinem ursprünglichen Zustand zurückgekehrt ist, ist sehr individuell. „Auch in den wissenschaftlichen Studien gibt es dazu unterschiedliche Angaben, von zwei Wochen bis mehrere Monate“, so die Expertin. Sie empfiehlt daher, Probiotika und Präbiotika ein bisschen länger zu nehmen, weil sich der Darm relativ langsam erhole. „Es ist aber auch eine Kostenfrage – so günstig sind diese Präparate ja nicht“, gibt Resatz zu bedenken.Kann man Kindern Probiotika geben?
Auch Kinder können Probiotika einnehmen. „Gerade bei akutem Durchfall oder bei Antibiotikagabe ist es empfehlenswert“, sagt die Diätologin.Eine Studienübersicht mit mehr als 6.000 Kindern haben die Wirkung von Probiotika in der symptomatischen Therapie der Antibiotika-assoziierten Diarrhö (AAD) erwiesen. Während in der mit Probiotika behandelten Gruppe acht Prozent der Kinder eine AAD entwickelten, waren in der Kontrollgruppe 19 Prozent davon betroffen.
Wann sollte man keine Probiotika einnehmen?
Nicht für alle Menschen sind Präparate mit Probiotika uneingeschränkt empfehlenswert. Generell sollten Probiotika nicht bei Frühgeborenen, Schwerkranken oder Patientinnen und Patienten mit einem stark geschwächten Immunsystem eingesetzt werden. In ihrer Leitlinie warnt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten davor, bei schweren Entzündungen im Bauchraum (wie z.B. einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse) Probiotika zu nehmen.In welchen Lebensmitteln stecken Probiotika und Präbiotika?
Nicht nur in künstlich erzeugten Präparaten, auch in vielen natürlichen Lebensmitteln sind Probiotika und Präbiotika enthalten.Probiotika in Lebensmitteln
Die wichtigen Mikroorganismen findet man etwa in gesäuerten Milchprodukten, Naturjoghurts, Ayran, Skyr und Kefir sowie in Sauerteig, in fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut, Kimchi, Misopaste oder Kombucha. „Pasteurisierte Produkte enthalten keine Probiotika, außer sie werden nach der Pasteurisation zugesetzt“, betont die Diätologin.Achtung: In der Schwangerschaft dürfen Rohmilch und Produkte aus Rohmilch nicht verzehrt werden.
Präbiotika in Lebensmitteln
Die unverdaulichen Ballaststoffe sind vorwiegend in Zwiebeln, Knoblauch, generell in Lauchgemüse, Spargel, Hafer und Bananen enthalten, ebenso in Roggen, Sojabohnen, Erbsen, Algen und als resistente Stärke in erkalteten Kartoffeln, Reis und Nudeln. Die Verzehrempfehlung für Ballaststoffe lautet nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. mindestens 15 Gramm Ballaststoffe pro 1.000 Kalorien. Bei einem Tagesbedarf von etwa 2.000 Kalorien ergibt das 30 Gramm Ballaststoffe. Bezüglich Ballaststoffmenge mache es laut Expertin keinen Unterschied, ob das Gemüse frisch, tiefgekühlt oder eingelegt sei.Resatz weist jedoch darauf hin, dass sich der Darm erst an eine ballaststoffreiche Ernährung gewöhnen muss. Wer bisher nur Weißbrot und wenig Obst und Gemüse verzehrt hat, sollte nicht von heute auf morgen seine gesamte Ernährung umstellen, sondern die Ballaststoffmenge langsam steigern.
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