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Selbstfürsorge: So klappt es endlich mit Me-Time

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Selbstfürsorge: So klappt es endlich mit Me-Time

Als Babys machen wir ganz selbstverständlich auf unsere Bedürfnisse aufmerksam. Doch im Laufe der Zeit verlernen die meisten von uns diese wichtige Fähigkeit. Weil wir allen anderen gerecht werden wollen, vergessen wir in der Hektik des Alltags auf uns selbst. Dabei ist Selbstfürsorge weder Luxus noch Ausdruck von Egoismus. Wie wir endlich wieder zu uns stehen – ganz ohne schlechtes Gewissen.

Selbstfürsorge: Definition eines vielverwendeten Begriffs

Selbstfürsorge ist ein Wort, das zurzeit in aller Munde ist. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Die Musiktherapeutin, Musikerin und Yogalehrerin Vivian Mary Pudelko hat sich in ihrem neuen Buch „Darf ich das? Wie Selbstfürsorge im Alltag gelingt“ (Kremayr & Scheriau) eingehend mit dem Thema beschäftigt. Für sie bedeutet Selbstfürsorge, „so zu leben und so zu handeln, wie es unserem Überleben, unserem Wohlergehen, unserem inneren Streben entspricht.“ Diese Fähigkeit wird auf fünf Ebenen wirksam:
  • Auf der körperlichen Ebene bedeutet Selbstfürsorge, auf Signale wie Verspannungen, Müdigkeit, Hunger oder Kopfschmerzen aufmerksam zu reagieren. Ausreichend Schlaf, Essen und Trinken sowie Bewegung sind wichtig, dass es unserem Körper gut geht.
  • Die emotionale Ebene der Selbstfürsorge bezieht sich darauf, die eigenen Gefühle wahrzunehmen, zuzulassen und auszudrücken – auch die negativen. „Wir brauchen das große, weite Spektrum unserer Gefühle und Gedanken, denn es hält uns lebendig“, betont Pudelko.
  • Auf der kognitiven Ebene geht es darum, mit den eigenen Gedanken wertschätzend umzugehen – und geistige Pausen einzulegen (Stichwort „Multitasking“!). Das Smartphone wegzulegen, verschafft uns beispielsweise eine gute Auszeit.
  • Die soziale Ebene der Selbstfürsorge beinhaltet das Zusammensein mit Menschen, die uns persönlich wichtig sind und bei denen wir authentisch sein können. „Ja, ich darf mich dem oder der anderen mit meinen Emotionen zumuten“, bestätigt Pudelko. Dabei gilt aber auch: „Das alles heißt nicht, dass wir uns nicht weiterentwickeln wollen, sollen oder dürfen, denn Veränderung ist wunderbar, wichtig und ziemlich oft möglich.“
  • Dann gibt es noch die spirituelle Ebene. Damit sind nicht nur religiöse Praktiken gemeint, sondern auch Meditation, Yoga oder Naturerlebnisse. „All das, was Körper, Geist und Seele weitet, darf hier als spirituell betrachtet werden“, erklärt Pudelko.
Klingt kompliziert? Das Gute ist, wir können unsere Fähigkeit zur Selbstfürsorge (wieder) erlernen und ständig weiterentwickeln. Sich selbst dabei unter Druck zu setzen, ist aber kontraproduktiv. „Selbstfürsorge sollte keineswegs ein weiteres Mittel zur Selbstoptimierung werden. Eher können wir anstreben, in einem stressigen, fordernden Alltag etwas mehr zu uns zu kommen“, so Pudelko.

Die ersten Schritte zu mehr Selbstfürsorge im Alltag

1. Sich selbst wichtig nehmen

Die erste Änderung beginnt im Kopf: Wer in seiner Kindheit keine Vorbilder hatte, die Selbstfürsorge vorlebten, tut sich als Erwachsener womöglich schwer, liebevoll und nachsichtig mit sich selbst umzugehen. Doch mit der Zeit kommt auch das Selbstbewusstsein und wir befreien uns von den Erwartungen, die andere – tatsächlich oder auch nur vermeintlich – an uns haben. „Es wird zentral, sich selbst unablässig die innere Erlaubnis auszusprechen, für sich selbst sorgen zu dürfen, sich selbst wichtig zu nehmen und den eigenen Bedürfnissen genügend Raum im Alltag zu geben“, schreibt Pudelko.

2. Herausfinden, was einem guttut

Selbstfürsorge ist etwas sehr Individuelles, daher sind Pauschal-Empfehlungen schwierig. Denn was dem einen Kraft spendet, kann für die andere energiezehrend sein. So tanken manche Menschen bei einer Runde Sport auf, während andere sich lieber in ihr Ausmalbuch für Erwachsene vertiefen und dabei die Welt um sich herum vergessen. In sich hineinspüren und wahrnehmen, was für einen selbst passend und stimmig ist, ist auf der Reise zu mehr Selbstfürsorge also sehr wichtig. Dabei hilft es, nach außen gerichtete Tätigkeiten zu reduzieren: „Jetzt geht es darum, verstärkt auf uns selbst zu schauen: alles etwas langsamer anzugehen, mehr vom Kopf in den Körper zu kommen“, empfiehlt Pudelko.

3. Mit kleinen Dingen anfangen

Selbstfürsorge muss weder luxuriös noch aufwendig sein, kein Aufenthalt in einem exklusiven Yoga-Retreat oder ein teures Fünf-Gänge-Menü beim Stargastronomen. Klar, diese Highlights können auch fein sein. Viel nachhaltiger sind aber die kleinen Selbstfürsorge-Inseln im Alltag. Was das alles sein kann? Pudelko nennt einige Beispiele, die sich schnell umsetzen lassen: „Strecken und räkeln ist ein einfacher, intuitiver Vorgang, den wir in unseren Alltag integrieren können. Morgens nach dem Aufwachen, am Schreibtisch, wenn die Energie stockt, der Konzentrationsspiegel absinkt, am Abend vor dem Schlafengehen – strecken, räkeln, gähnen.“ Auch ein kurzer Spaziergang von 15 bis 20 Minuten kann ein Akt der Selbstfürsorge sein. Allerdings sollte der Spaziergang keinem anderen Zweck unterliegen – bei der Gelegenheit noch schnell in den Supermarkt laufen oder etwas zur Post bringen, zählt also nicht. Auch eine warme Dusche mit anschließendem ausgiebigem Eincremen kann wohltuend sein. Genauso ein besonders weiches Paar Socken, das einem den Tag versüßt.

4. Selbstfürsorge-Reminder setzen

Im Alltag lauern leider viele Hindernisse: Zeitmangel, der Wunsch nach Effizienz und sich aufdrängende Gedanken an die unerledigte To-do-Liste stehen uns oft im Weg, selbstfürsorglich zu sein. Als hilfreich empfindet Pudelko hier kleine Reminder: „Hierbei geht es um Gegenstände, Bilder oder Worte, mit denen wir etwas Positives verbinden und die uns daran erinnern, auf uns selbst zu schauen.“ Das kann ein Foto aus dem letzten Urlaub sein oder die Lieblingstasse auf dem Schreibtisch. Auch Apps wie „Mindfulness Bell“ können hilfreich sein, die Selbstfürsorge in unsere Alltagsroutine zu integrieren.

5. Drei Notfall-Tipps für akute Selbstfürsorge

Es gibt sie, diese Tage, an denen einfach alles schiefgeht oder die so hektisch sind, dass wir gar nicht wissen, wie sich alles ausgehen soll. Dann auch noch selbstfürsorglich sein? Ja, genau dann ist es umso wichtiger, sich kleine Fluchten zu schaffen. Ein Tipp von Pudelko, der sich auf den ersten Blick vielleicht seltsam anhört, aber so manch stressige Situation entschärft: sich auf die Toilette zurückziehen, auch wenn wir gar nicht müssen. Das kann in einem unangenehmen Meeting sein, von dem wir kurz eine Pause brauchen, oder wenn wir mit kleinen (und auch größeren) Kindern zusammenleben, die uns gerade sehr fordern.

Zudem schwört die Musiktherapeutin auf die heilsame Wirkung von Musik: „Ich höre viel, also wirklich viel Musik und erlebe immer wieder, wie tröstend, beruhigend, erhebend oder auch ermächtigend sie wirken kann.“ Auf Spotify hat sie eine Playlist erstellt, mit Songs, die ihr am Herzen liegen. Also: Musik an und Gedankenstrom aus! Egal, ob man die Songs abends im Bett vorm Einschlafen hört oder auf dem Weg zu einem Termin, der einem Bauchweh bereitet.

Und was kann man tun, wenn man schon beim Aufstehen weiß, dass einem ein schwieriger Tag bevorsteht? Dann hilft es, sich etwas Schönes für den Abend vorzunehmen, auf das man sich freuen und an das man tagsüber denken kann.

Zum Weiterlesen

Darf ich das? Wie Selbstfürsorge im Alltag gelingt
Vivian Mary Pudelko
Verlag: Kremayr & Scheriau