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Sternenkinder: Was Eltern beim Trauern hilft
Text: Julia Fischer-Colbrie

Was trauernden Eltern hilft

Sternenkinder: Was Eltern beim Trauern hilft

Sternenkinder: Statt Babygeschrei und Freudentränen sind es tiefe Trauer und innere Leere, mit der Betroffene nach einer Tot- oder Fehlgeburt zurückbleiben. Was dann hilft.

Sophies kleines Herz hat einfach aufgehört zu schlagen. Nach 25 Wochen im Mutterleib. Sie war 33 cm groß und wog 780 g. Ihr Gesicht war bereits vollständig entwickelt. Ihr Köpfchen schon fein behaart. Sophie wurde still geboren.

Tot- oder Fehlgeburten wurden lange Zeit tabuisiert oder kleingeredet. Und damit wird betroffenen Eltern die Möglichkeit genommen, zu trauern. Initiativen wie der Verein Pusteblume holen das Thema aus der Tabuzone. Denn auch wenn die Herzen von Sternenkindern nie oder nur kurz außerhalb des Mutterleibs geschlagen haben, haben sie doch bereits zur Familie gehört. Wurden erwartet. Hatten ihren Platz in der Geschwisterfolge und in den Herzen der Eltern.

Sternenkinder: Wie Familien richtig trauern

Im Interview spricht Simone Strobl, Obfrau des Vereins Pusteblume, darüber, wie eine Familie mit tot- oder frühgeborenen Kindern ihrer Trauer am besten Raum lässt.

Frau Strobl, was können Eltern tun, deren noch ungeborenes Kind im Mutterleib verstorben ist?

Das Wichtigste ist, sich bewusst auf die Geburt vorzubereiten und sie so zu gestalten, wie man sie sich gewünscht hätte. Ganz unabhängig von der Schwangerschaftswoche. Wir empfehlen auch, sofern es für die Eltern vorstellbar ist, Sternenkinder auf natürlichem Wege zur Welt zu bringen. Denn die Geburt ist das einzige, das man mit seinem Kind erleben kann. Und die Geburt hilft, das Erlebte zu realisieren.

Wie lässt sich die meist sehr kurze Zeit des Abschiednehmens gestalten?

Das hängt natürlich stark von der Schwangerschaftswoche und der Entwicklung des Kindes ab. Wenn möglich, sollten sich die Eltern auf jeden Fall die Zeit nehmen, das Kind im Arm zu halten, die kleinen Finger anzuschauen, die Lippen, die Ohren, jeden einzelnen Zentimeter. In einigen Krankenhäusern gibt es Kleidung für Sternenkinder. Wenn nicht, kann diese kostenfrei über unseren Verein angefordert werden. Sind Geschwisterkinder da, können sie eingeladen werden, das Baby zu begrüßen und zu verabschieden. Auf diese Weise wird es ins Familiensystem aufgenommen – für später ist das etwas sehr Wertvolles.

An Fotos denkt man in dieser schwierigen Situation wahrscheinlich kaum?

Es ist ganz essentiell, in kurzer Zeit Erinnerungen zu schaffen. Und Fotos sind eine greifbare Erinnerung. Ansonsten bleibt leider nicht viel. Es sind die ersten und gleichzeitig letzten Bilder des Kindes. Wir legen den Eltern daher ans Herz, unsere Sternenkinder-Fotografen zu engagieren, die es in jedem Bundesland gibt. Sie machen kostenlos Fotos vom Baby und der Familie. Zudem können sich die Eltern auch überlegen, ob sie ihrem Kind etwas sehr Persönliches mit auf die Reise geben möchte, wie zum Beispiel ein Kuscheltier.

Tot- oder Fehlgeburten in einem frühen Stadium der Schwangerschaft werden oft kleingeredet. Und auch nicht jedes Sternenkind bekommt einen Namen. Was raten Sie Eltern?

Das ist sicherlich eine Art Selbstschutz, damit die Trauer nicht übermächtig wird. Und auch ein Schutz vor der Umwelt, weil Reaktionen wie „es war ja noch kein Kind“ oder „das passiert ja häufig“ schon sehr verletzend sein können. Ein Name ist aus meiner Erfahrung etwas ganz Wichtiges. Wenn man ein Kind bekommt, dann gibt man ihm einen Namen. Warum sollte es bei einem Sternenkind anders sein? Auch wenn man über das traumatische Erlebnis später sprechen will, ist es leichter, wenn man das Kind beim Namen nennen kann – sowohl für die Eltern als auch das Umfeld.

Wie gehen Familien mit der Trauer am besten um?

Trauer ist etwa ganz Individuelles. Es gibt keinen 5-Stufen-Plan. Jeder Trauerweg schaut anders aus. In der Trauerbegleitung und unserer Selbsthilfegruppe stellen wir Werkzeuge vor. Ob und wie Trauernde diese benutzen, müssen sie abschätzen. Was in unseren Gruppen vermittelt wird: Ihr seid nicht allein. Wir sind viele. Wir verstehen deinen Schmerz. Denn wer es nicht erlebt hat, kann nicht nachempfinden, wie groß der Verlust ist. Die Länge der Schwangerschaft ist erfahrungsgemäß kein Kriterium dafür, wie intensiv sich die Trauer einstellt. Für die Paarbeziehung ist es wichtig, mit der Trauer des Partners respektvoll umzugehen und individuelle Trauer zulassen – ohne sich dabei zu verlassen.

Beim Verlust eines ungeborenen Kindes denkt man überwiegend an die Mütter. Was ist mit den Vätern?

Der Fokus liegt auf der Mutter, das stimmt. Auf die Väter wird häufig vergessen, das beginnt schon im Krankenhaus und zieht sich den Trauerweg hindurch. Betroffene Väter berichten, dass sie selten gefragt werden, wie es ihnen gehe. Freunde, Bekannte und auch Familie erkundigen sich meist nach der Frau. Es wäre schon schön, wenn auch den Vätern Raum gegeben würde. Wobei es natürlich auch schwieriger ist, Männer zum Reden zu bringen. Auch zu unseren Selbsthilfegruppen kommen hauptsächlich betroffene Frauen.

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