Als Mutter eines knapp vierjährigen Buben mit Zöliakie weiß ich, wie schwierig es ist, im Alltag auf eine glutenfreie Ernährung zu achten. Eine persönliche Herausforderung ist es aber auch, sein eigenes Umfeld immer wieder aufs Neue zu sensibilisieren und mit hartnäckigen Irrtümern aufzuräumen: Denn entgegen der landläufigen Meinung ist Zöliakie eine chronische Autoimmunkrankheit, die nicht heilbar ist.

Welche Anzeichen können auf eine mögliche Zöliakie hindeuten?


Die Diagnose Zöliakie kam für uns völlig unerwartet. Zwar hatten wir seit Einführung der Beikost den Verdacht, dass mit dem Essen etwas nicht stimmen könnte. Dass es sich dabei um Zöliakie handelt, darauf hat uns allerdings erst unser Kinderarzt gebracht.

Als die häufigsten und eindeutigsten Beschwerden bei Zöliakie nennen Kinderärzte im Netz „chronische Bauchschmerzen, Verstopfung, […] Eisenmangel, erhöhte Leberwerte, Zahnschmelzdefekte, unklare Hauterscheinungen, Gelenkbeschwerden, Leistungsknick, Kopfschmerzen, Depressionen etc., die sich auch erst im Jugend- oder Erwachsenenalter manifestieren können“.

Auch Durchfall, Appetitlosigkeit sowie ein aufgeblähter Bauch können mögliche Anzeichen sein. So hat bereits Aretaios von Kappadokien vor 2000 Jahren Zöliakie mit dem altgriechischen Wort „koilia“ – die dickbauchige Krankheit – beschrieben.

Immer mehr Kinder mit Zöliakie haben allerdings kaum merkbare Symptome. So war es auch bei unserem Sohn: Auffällig war, dass er bereits im Beikostalter Brot und Nudeln nicht mochte und Reis und Haferbrei bevorzugte. Doch bei einem Kind, das noch nicht sprechen kann, ist die Ursachensuche natürlich schwierig. Deshalb bin ich auch unserem Kinderarzt so dankbar, dass er den richtigen Verdacht hatte.

Heute weiß ich: Typischerweise treten die ersten Symptome bei Kleinkindern schon drei bis sechs Monate nach Einführung des ersten Getreidebreis, von Brot, Nudeln oder Zwieback auf. Also meist rund um den ersten Geburtstag.

Was verursacht Zöliakie im Körper und wie kann die Autoimmunkrankheit festgestellt werden?

Zöliakie ist eine Erkrankung des Dünndarms, bei der ein bestimmtes Protein aus Getreide – das sogenannte Gliadin – vom Körper nicht abgebaut werden kann. Stattdessen werden Antikörper gebildet, die die Dünndarmschleimhaut und die Dünndarmzotten angreifen und schädigen.

Diese Antikörper können im Blut nachgewiesen werden. Anhand einer Magen-Darm-Spiegelung, bei der Gewebe aus dem Zwölffingerdarm entnommen wird, erlangt man Gewissheit, ob es sich um Zöliakie, Glutenunverträglichkeit oder eine Weizenallergie handelt.

Bei Kindern, die bei einer speziellen Blutuntersuchung einen stark erhöhten Antikörperwert haben, kann auf eine Gewebeprobe verzichtet werden. Dafür werden in einem zweiten Bluttest weitere Antikörper und genetische Risikomarker festgestellt.

Die richtigen Anlaufstellen für eine sichere Diagnose bei Kindern, vor allem wenn sie noch recht klein sind, sind dafür spezialisierte Kliniken und Abteilungen in Krankenhäusern. Hier bekommen betroffene Familien auch eine Ernährungsberatung und erste Hilfestellungen für zu Hause.

Um Entwicklungsstörungen sowie eine ernsthafte Darmschädigung und schwere Folgeerkrankungen zu vermeiden, ist eine strikte glutenfreie Ernährung unerlässlich.

Worauf muss man bei einer glutenfreien Ernährung zu Hause achten?

Schon kleinste Mengen an glutenhaltigem Getreide, genaugenommen 0,08g, können bei Betroffenen Symptome auslösen. Deshalb ist es wichtig, auf eine größtmögliche Küchenhygiene zu achten. In der Praxis bedeutet das, alle Küchenutensilien wie Schneidbretter, Holzkochlöffel, Brotschneidemesser und Arbeitsflächen, die mit glutenhaltigen Lebensmitteln in Berührung kommen, in doppelter Ausführung zu haben.

Wir haben beispielsweise unsere Küche in zwei Bereiche gegliedert: Ein Küchenschrank ist den glutenfreien Produkten unseres Sohnes vorbehalten, ein anderer ist für das glutenhaltige Brot reserviert, das wir abends essen, wenn unser Sohn schläft.

Die übrigen täglichen Mahlzeiten – Frühstück und Mittagessen – kochen wir für die ganze Familie glutenfrei.

Welche Lebensmittel sind glutenfrei?

Zum Glück gibt es mittlerweile eine große Auswahl an glutenfreien Produkten. Das ist besonders praktisch, wenn man einmal Lust auf Burger, Wraps oder einen kleinen Snack zwischendurch hat.

Aber auch viele Getreidesorten sind von Natur aus glutenfrei. Dazu zählen Mais, Reis, Hirse, Buchweizen, Quinoa, Amaranth, Canihua und Teff. Letzteres, auch Zwerghirse genannt, besitzt einen leicht schokoladigen Geschmack und eignet sich hervorragend für Crêpes und Kuchen. Laut einer Studie vom Leiden University Medical Center soll Teff sogar eine heilsame Wirkung für Zöliakie-Betroffene auf die angegriffene Dünndarmschleimhaut haben.

Ist Hafer glutenfrei?

Hafer zählt zwar zu den glutenfreien Getreidesorten, beim Verarbeitungsprozess – angefangen vom Mähdrescher bis hin zur Getreidemühle – kann es jedoch zu Verunreinigungen kommen. Glutenfreier Hafer darf daher nur auf Flächen angebaut werden, auf denen seit mehr als zwei Jahren keine glutenhaltigen Getreidesorten mehr angebaut worden sind.

Zwar haben alle europäischen Zöliakie-Gesellschaften glutenfreien Hafer für Zöliakie-Patienten zugelassen, dennoch kann das im Hafer enthaltene Avenin bei manchen zu Darmreizungen führen. Zu welcher Gruppe man gehört, muss man im Selbsttest herausfinden.

Wichtig dabei ist, dass man Hafer nach der Zöliakie-Diagnose zunächst für einen längeren Zeitraum vom Ernährungsplan streicht, bis sich der Darm regeneriert hat. Erst dann sollte man schrittweise austesten, wie der Körper auf Hafer reagiert.

Alle Gemüsesorten sind natürlich glutenfrei

Vor allem Kartoffeln und Kartoffelstärke zählen für uns mittlerweile zu den wichtigsten Kohlenhydrate-Lieferanten. Darüber hinaus sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Bohnen und Soja wichtige Proteinquellen und werden immer häufiger auch zu farbenfrohen Nudeln verarbeitet.

Wo steckt überall Gluten drin?

Gluten steckt nicht nur in den gängigsten Getreidesorten – allen voran in Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen, Grünkern, Einkorn und handelsüblichem Hafer. Diese Getreidesorten enthalten das Klebereiweiß – Gluten –, das von Zöliakie-Betroffenen nicht abgebaut werden kann.

Weizen ist gerade bei industriell verarbeiteten Lebensmitteln ein beliebtes Füll- und Bindemittel. So versteckt sich Gluten häufig in Produkten, die mit Weizenstärke, Getreideflocken oder Paniermehl versetzt sind. Selbst von Natur aus glutenfreie Speisen können so Weizen und damit Gluten enthalten.

Dazu zählen Fertiggerichte, bei denen man es absolut nicht erwarten würde: etwa in Suppen-Brühen, Pommes, (Soja-)Soßen, Wurst, Chips, Ketchup, Senf, Gewürzmischungen, Eis und selbst in Schokolade (!) stecken!

Verantwortlich dafür ist – neben Weizenstärke – das bei der Lebensmittelherstellung ebenfalls beliebte Gerstenmalzextrakt. Selbst beim Überraschungsei wird für mich als Mutter so das Lesen der Inhaltsstoffe zur Gewohnheit. Mit einem quengeligen Kleinkind kann das schnell zum Stressfaktor im Supermarkt werden. Apps wie Codecheck können da Abhilfe schaffen.

Wie man den glutenfreien Familienalltag meistert

Nachdem wir die Diagnose Zöliakie bei unserem Sohn vor über zwei Jahren erhalten haben, sind wir zu Hause mittlerweile gut auf eine glutenfreie Ernährungsweise eingespielt. Anders sieht es da in Restaurants, auf Reisen oder im Kindergarten aus. Das ist nach wie vor eine tägliche Herausforderung für uns, die einiges an Planung und Organisation benötigt.

So kochen wir an den Wochenenden die Mittagessen vor, die wir unserem Sohn in den Kindergarten mitgeben. Dort gibt es auch eine kleine Box mit abgepackten Lebensmitteln wie Muffins, Keksen und Snacks, falls es (wieder) einmal einen glutenhaltigen Überraschungskuchen für die Kindergartenkinder geben sollte.

Generell sind alle zugesteckten Süßigkeiten und nett gemeinten Schokostückchen schwierig. Selbst Smarties sind glutenhaltig. Das musste ich leider erst kürzlich wieder bei einer Geburtstagsfeier feststellen, bei der es extra für meinen Sohn einen glutenfreien Kuchen gab. Verziert mit Smarties.

Je älter mein Sohn wird, desto schwieriger wird die Kontrolle einer glutenfreien Ernährung durch uns als Eltern. Von befreundeten Eltern weiß ich allerdings auch, dass gerade Kinder im Vorschulalter sehr gewissenhaft mit Allergien umgehen, ob bei sich selbst oder bei anderen.

Ansonsten versuchen wir, an den Elternabenden andere Eltern für die Thematik zu sensibilisieren. Dafür haben wir ein glutenfreies Backbuch und eine glutenfreie Universal-Mehlmischung im Kindergarten deponiert sowie eine Liste mit allen Nahrungsmitteln, die unser Sohn nicht essen darf.

Fazit:
Allen Eltern, die sich erst kurz mit der Thematik befassen, möchte ich aber trotzdem Mut machen: Zöliakie bedeutet zwar eine lebenslange Ernährungsumstellung, viele Einschränkungen auf Reisen, unterwegs und in Restaurants, aber eben auch den Verzicht auf viele nicht ganz so gesunde Lebensmittel.

Stattdessen kann man die Diagnose Zöliakie auch als Chance sehen, sich bewusst dem Thema Ernährung zu widmen. Und auch dem Vorurteil, glutenfreie Ernährung würde Mangelerscheinungen verursachen, möchte ich gerne noch folgenden abschließenden Gedanken gegenüberstellen:

Gerade in Hirsemehl, Hülsenfrüchten, Amaranth und Vollkornreis stecken viele wichtige Mineralien und Spurenelemente, die bei einer herkömmlichen Ernährungsweise oft zu kurz kommen!

Hilfe für Zöliakie-Betroffene

Eine erste Anlaufstelle für Zöliakie-Betroffene bietet die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Zöliakie. Vereinsmitglieder erhalten umfangreiche Rezeptsammlungen, Restaurant-Empfehlungen und vieles mehr.

Medizinische Anlaufstellen für Zöliakie gibt es etwa am AKH in Wien und im Ordensklinikum in Linz. Im Universitätsklinikum für Kinder- und Jugendheilkunde in Salzburg gibt es eine Spezial-Ambulanz für Gastroenterologie mit Schwerpunkt Zöliakie.