Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem Spiegel, ungeschminkt und nackt und denken sich: „Aha, das bin also ich.“ Sie erkennen sich an, ohne zu bewerten, ohne zu kritisieren, aber auch ohne gutzuheißen. So könnte man Selbstakzeptanz metaphorisch betrachten.
Wir tauchen mit Psychotherapeutin Mag. Heidemarie Eder tiefer in die Thematik ein und erfahren, wie man Selbstakzeptanz erlernen kann und was hilft, wenn es nicht gelingen mag, sich selbst anzunehmen und glücklich zu werden.

Frau Mag. Eder, was bedeutet Selbstakzeptanz?

Es bezeichnet die Fähigkeit, sich anzunehmen, so wie man ist: mit all seinen Stärken und Schwächen, Erfolgen und Fehlern. Wer sich selbst akzeptiert, kann mit eigenen Fehlern und Misserfolgen umgehen, wertet sich selbst nicht ab und verurteilt sich nicht – kann kurzum glücklich werden in seinem Leben. Bei Selbstakzeptanz geht es darum, sich selbst verständnisvoll zu begegnen und aus negativen Erfahrungen zu lernen, ohne sich entmutigen zu lassen.

Ist Selbstakzeptanz der Schlüssel, um glücklich zu werden?

Selbstakzeptanz ist ein wichtiger Aspekt in der Persönlichkeitsentwicklung. Sie trägt dazu bei, ein gesundes Verhältnis zu sich selbst aufzubauen und ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben zu führen.

Warum fällt es vielen Menschen so schwer, sich selbst anzunehmen?

Wir leben in einer Gesellschaft, die ein hohes Maß an Anpassung und Leistung erfordert. Es wird von uns ein schier unerreichbares Körperideal und ewige Jugendlichkeit verlangt. Unsere Gesellschaft ist wenig fehlertolerant und beinhaltet ein Schulsystem, das sich an Defiziten anstatt an Stärken orientiert. Diese Werte werden uns von frühester Kindheit an vermittelt, sodass wir sie verinnerlichen, ohne jemals zu hinterfragen. Sätze wie:

  • „Du bist nicht gut genug“,
  • „Das hast du nicht verdient“,
  • „Keiner mag dich, so wie du bist“,
  • „Du bist zu dick, unsportlich, faul etc.“ wirken wie innere Antreiber und Kritiker, die verhindern, sich selbst anzunehmen und zu mögen. Diese Verinnerlichungen hindern natürlich daran, glücklich zu werden.

Worin unterscheidet sich Selbstakzeptanz von Selbstliebe?

Selbstakzeptanz ist die Voraussetzung und Grundlage für Selbstliebe. Selbstakzeptanz ermöglicht es, die eigene Unvollkommenheit anzuerkennen und den inneren Kritiker verstummen zu lassen. Selbstliebe geht über die Akzeptanz hinaus und beinhaltet eine wohlwollende, mitfühlende Haltung gegenüber sich selbst – in Verbindung mit Selbstfürsorge, ganz besonders in schwierigen Lebenslagen.