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Neurodermitis: Eine Hautärztin erklärt die Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten
Text: Stephanie Lindner, Dr. Sabine Schwarz

Hauterkrankung

Neurodermitis: Eine Hautärztin erklärt die Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten

Die kalte Jahreszeit kommt und bei manchen fangen die Handflächen und Kniekehlen zu jucken an. Eine Hautärztin hat sich Zeit für unsere Fragen zum juckenden, wiederkehrenden Hautausschlag namens Neurodermitis genommen. Sie erklärt uns die genaue Definition, Symptome, das Erscheinungsbild sowie die verschiedenen Behandlungsmethoden und teilt mit uns die neuesten, wissenschaftlich bestätigten Erkenntnisse, die bei dieser Hauterkrankung für Linderung sorgen können.

Dr. Sabine Schwarz hat bereits 30 Jahre Erfahrung als Hautärztin. Sie ist Spezialistin für Neurodermitis und bietet ihren Patientinnen und Patienten in dem von ihr gegründeten Hautzentrum Wien (hier gehört auch die Neurodermitishilfe Wien dazu) modernste Behandlungsmöglichkeiten bei Hauterkrankungen.

Frau Dr. Schwarz, wann spricht man von Neurodermitis?

Von Neurodermitis sprechen wir bei wiederkehrenden Ekzemen. Das heißt, an typischen Stellen kommt es zu juckenden, roten, immer wiederkehrenden Ausschlägen. Bei Erwachsenen betrifft dies vor allem die großen Beugen, also die Knie- und Ellenbogen. Es können aber auch andere Stellen wie die Kopfhaut oder Hände betroffen sein. Bei Babys wiederum sind die häufigsten Stellen Handrücken, Windelbereich sowie Hand- und Fußgelenke. Wenn jedoch nur einmal im Jahr ein Ekzem vorkommt, weil jemand zum Beispiel ein Haarshampoo nicht verträgt, also eine Kontaktallergie hat (der Auslöser kommt von außen), dann muss nicht eine Neurodermitis dahinterstecken, sondern eine allergische Kontaktreaktion. Bei Neurodermitis ist eine genetische Veranlagung gesichert.

Muss genetische Veranlagung zwingend bedeuten, dass bereits ein Elternteil Neurodermitis hat?

Bei Neurodermitis handelt es sich um eine genetische Erkrankung, die durch verschiedene Faktoren (wie zum Beispiel Ernährung) ausgelöst werden kann. Dabei müssen nicht unbedingt die Eltern betroffen sein, sondern es können auch die Großeltern sein. Gemäß der Mendelschen Erblehre kann auch einmal eine Generation ausgelassen worden sein. So ist es zum Beispiel gut möglich, dass vorherige Generationen einfach unter sehr trockener Haut oder Heuschnupfen litten. Das ist bereits ein Hinweis darauf, dass eine Veranlagung besteht, da Allergien und Neurodermitis oft in Kombination vorkommen. So geben beispielsweise Allergiker, die Heuschnupfen haben, an, dass ihre Haut immer wieder sehr trocken und empfindlich ist. Im Gespräch mit der Patientin oder dem Patienten werden deswegen die folgenden zwei Fragen gestellt:

  1. Hat jemand in der Familie auch Neurodermitis?
  2. Gibt es in der Familie jemanden mit einer chronischen (wiederkehrenden) Hauterkrankung oder ist in der Familie jemand Allergiker?

Wie kann medizinisch festgestellt werden, ob jemand Neurodermitis hat?

Im Gespräch mit der Patientin oder dem Patienten wird ihre oder seine Krankengeschichte besprochen. Außerdem wird die genetische Veranlagung geklärt und die typischen Erscheinungsstellen werden auf Ekzeme untersucht (Blickdiagnose). Zusätzlich werden ein Allergietest und eine Blutabnahme gemacht, um festzustellen, ob es eine allergische Disposition gibt. Wenn in seltenen Fällen Ekzeme nicht so deutlich erkennbar sind, kann man auch noch eine kleine Hautprobe machen.

Wie sieht die Therapie bei Neurodermitis aus?

Im Akutfall wird der Patientin oder dem Patienten zur Beruhigung der Haut zuerst einmal eine Kortisonsalbe gegeben. Falls eine längere Gabe nötig ist, wird hierfür ein Schema erarbeitet, entsprechend dem das Kortison nach einiger Zeit abgesetzt werden kann. Gegen den Juckreiz und damit die oder der Betroffene wieder schlafen kann, werden zusätzlich Anti-Allergika (Medikamente mit anti-allergischem Wirkstoff) verabreicht. Ergänzend ist die Therapie mit Pflegesalben unabdingbar. Diese enthalten Inhaltsstoffe zur Beruhigung und Regeneration der Hautbarriere und zur Rückfettung der Haut. Die Patientinnen und Patienten probieren hier meistens verschiedene Salben aus, um die passende für sich zu finden, mit der sie sich wohlfühlen. Was sich auch als unterstützend erwiesen hat, ist die Bestrahlung mit medizinischem Sonnenlicht (UVB-Strahlen). Bereits nach der vierten Bestrahlung kann das die Neurodermitis lindern.

Teil Ihres Behandlungsangebots ist auch eine Ernährungsberatung. Worauf muss man bei Neurodermitis bei der Ernährung achten?

Zu unserem Team gehört eine Ernährungswissenschafterin, die bei Bedarf bei einer Ernährungsumstellung unterstützen kann. Diese Kosten werden leider nicht von der Krankenkasse übernommen. Wichtig ist, dass Patientinnen und Patienten über Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufgeklärt werden und das auf eine entzündungsreduzierte Ernährung geachtet wird. Milch (Laktose), Weizen, Zitrusfrüchte, Fruktose und Histamin können Auslöser für Neurodermitis sein und sollten daher in der Ernährung möglichst vermieden oder ersetzt werden. So kann zum Beispiel statt Milch auf eine Milchalternative zurückgegriffen werden.

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Um mehr Klarheit über ihre Ernährungsgewohnheiten zu bekommen, sollen die Betroffenen ein Ernährungstagebuch führen. Hier stellt sich öfter heraus, dass eine gewisse Vorliebe für Süßes besteht. Zucker und Süßigkeiten müssen dann reduziert werden (gilt nicht nur für Neurodermitis, sondern auch für Akne, Probleme mit dem Darm oder Migräne). Erfahrungsberichte haben gezeigt, dass auf die optimale Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen geachtet werden sollte. Diese können bei Bedarf (in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt) in Form von Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden. Besonders Selen und Zink sind dabei für die Bildung von Hautzellen wichtig. Außerdem sollte auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin-D geachtet werden. Der Vitamin-D-Spiegel kann bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt festgestellt und bei einem Mangel in Form von Vitamin-D-Tropfen oder -Tabletten (D3 + K2) ausgeglichen werden.

Zu Ihrer ganzheitlichen Behandlungsmethode gehören auch stressreduzierende Maßnahmen. Was wird hier geraten?

Die Betroffenen müssen sich über ihre Stressauslöser klar werden und diese nach Möglichkeit vermeiden beziehungsweise den richtigen Umgang damit erlernen. Manchmal ist es auch nicht vermeidbar, zum Beispiel können Liebeskummer, Ängste und Sorgen oft einen großen Neurodermitis-Schub auslösen. Zur Ausgeglichenheit der Patientinnen und Patienten können Sport, eine Kunsttherapie oder Meditation beitragen. Wichtig ist, dass Betroffene über die Hautkrankheit gut informiert werden, den Umgang mit ihr lernen und sich dann wieder ins Leben stürzen können.

Was tun bei schweren Fällen von Neurodermitis, wo die bisher genannten Behandlungsmethoden nicht weiterhelfen?

Bei schweren Fällen können die sogenannten Biologika zum Einsatz kommen: Dabei handelt es sich um eine Antikörpertherapie, die das Immunsystem sehr schonend an einer Stelle reguliert. Bei den meisten Fällen tritt damit eine deutliche Verbesserung des Erscheinungsbilds von Neurodermitis ein.
Allerdings müssen vorher alle anderen Behandlungsmöglichkeiten probiert werden, denn Biologika muss man lebenslänglich nehmen. Diese neue Behandlungsmethode stellt auf jeden Fall eine Erleichterung dar: Früher konnten hier nur schwere, nebenwirkungsreiche Medikamente gegeben werden. Biologika können bereits bei Kindern ab dem sechsten Lebensjahr angewendet werden.