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Sonnenbrand bei Kindern: Eltern unterschätzen die Gefahr

Ein Hautarzt klärt auf

Sonnenbrand bei Kindern: Eltern unterschätzen die Gefahr

Ein Kinderhautarzt erklärt, wie stark die Sonne wirklich ist. Außerdem: Wie Eltern einem Sonnenbrand bei Babys und Kindern vorbeugen können und was im Ernstfall zu tun ist.

In die Wiener Praxis von Kinderhautarzt Günther Rainer kommen immer wieder Eltern, deren Kinder einen schweren Sonnenbrand haben. „Das passiert nach wie vor. Zum Glück aber immer seltener“, sagt der Mediziner. Eltern würden die Kraft der Sonne ganz einfach unterschätzen. Als Arzt geht es ihm aber nicht darum, zu urteilen, sondern um Aufklärung und Hilfe. Im Interview erzählt der Kinderhautarzt, warum die Kraft der Sonne häufig vergessen wird und wie Babys und Kinder vor Sonnenbrand am besten zu schützen sind.

active beauty: Warum ist Sonnenbrand bei Kindern besonders gefährlich?

Kinder haben ein junges Immunsystem. Ihre Haut reagiert unter anderem auch deshalb viel heftiger auf zu viel Sonne. Kinder sind dann viel eher angeschlagen, krank oder haben mehr Allgemeinsymptome wie Kopfschmerzen. Hinzu kommt die dünnere Hautbarriere. Sie enthält im Verhältnis weniger Pigmente als die Haut von Erwachsenen. Somit ist das Risiko natürlich höher, dass Sonnenlicht in die Zellen eindringt und sie schädigt. Damit wird aber nicht nur Sonnenbrand gefördert, sondern auch weißer und schwarzer Hautkrebs. Es ist belegt, dass großflächige Sonnenbrände in der Kindheit direkt mit einem erhöhten Risiko von schwarzem Hautkrebs verbunden sind.

Eltern wissen heute, wie wichtig Sonnenschutz ist. Warum kommt es noch immer vor, dass Babys oder Kinder einen Sonnenbrand erleiden?

Viele Eltern unterschätzen ganz einfach das Sonnenlicht. Sie haben selbst oft einen unvernünftigen Umgang damit, deshalb ist ihnen auch bei ihren Kindern die Gefahr nicht immer bewusst. Sie denken zum Beispiel: Es kann nicht viel passieren, es ist ja erst Mai. Das stimmt so aber nicht. Man darf nicht vergessen, dass Beton, Sand, Wasser oder Schnee stark reflektieren. Auf solchen Flächen wird Sonne bis zu 90 Prozent zurückgeworfen, im Gras sind es nur fünf Prozent. Das beherzigen Eltern oft nicht, wenn sie in der Stadt unterwegs sind. Sie ist voll mit spiegelnden Flächen, die das Licht in alle Richtungen zurückstrahlen. Am Strand ist die Mischung aus Wasser und hellem Sand sowieso gefährlich. Hinzu kommt meist eine Brise Wind, die einem das Gefühl gibt, dass die Haut kühl ist. Die abschirmende Wirkung der Wolken wird hingegen überschätzt. Sie können das UV-Licht nur um maximal ein Fünftel verringern. Außerdem ist es wichtig, dass Eltern auch auf den Hauttyp des Kindes eingehen und zum Beispiel bei heller Haut mehr aufpassen. Sie sollten das in der Regel ganz gut selbst einschätzen können, weil Kinder die Haut ihrer Eltern haben.

Kommt es häufig vor, dass Kinder mit Sonnenbrand zur Behandlung in Ihre Praxis kommen?

Ja, das passiert, zum Glück aber immer seltener. In meine Praxis kommen nur jene Eltern mit ihren Kindern, bei denen größere Verbrennungen bestehen und die sich deshalb ernste Sorgen machen. Aber es gibt viel mehr Kinder mit leichtem Sonnenbrand, die ich nicht zu Gesicht bekomme. Somit werden sie nicht behandelt und tragen ein Risiko mit, das eigentlich nicht notwendig ist.

Was sollten Eltern beachten, wenn sie mit Babys oder Kleinkindern in der Sonne sind, um einen Sonnenbrand zu vermeiden?

Die Mittagszeit meiden, am besten die Zeit zwischen 11 und 15 Uhr drinnen oder im Schatten verbringen. Es gibt dazu eine einfache Schattenregel: Ein Kind sollte sich bei Sonnenschein nie im Freien aufhalten, wenn der Schatten kleiner ist als das Kind selbst. Auch textiler Schutz wie ein Tuch vor dem Kinderwagen, langärmelige Kleidung oder eine Kopfbedeckung sind wichtig. Wenn man unbedingt mit seinem Baby oder Kleinkind bei Sonnenschein baden möchte, macht eine UV-Schutzkleidung sehr viel Sinn. Beim Einschmieren mit Sonnencreme gilt die Faustregel: Man sollte so viel schmieren, dass man das Gefühl hat, es ist eigentlich schon zu viel. Dann macht man es genau richtig, denn die meisten Menschen gehen zu sparsam mit Sonnencreme um.

Raten Sie zu speziellen Sonnencremes für Kinder? Oder können Kinder auch mit herkömmlichen Sonnencremes für Erwachsene eingeschmiert werden?

Es braucht unbedingt spezielle Kindersonnencremes. Als Hautarzt rate ich bei Babys in den ersten sechs Lebensmonaten zu rein physikalischen Cremes. Ihr Schutzmechanismus funktioniert so, dass spezielle Mini-Partikel die Sonne zurückstrahlen und somit erst gar nicht durchlassen. Der Nachteil ist der so genannte Weißeleffekt – die Haut der Babys ist oft ganz weiß von der Creme.

Was empfehlen Sie bei Kleinkindern?

Ab dem sechsten Monat und während des Kleinkindalters können Eltern alternativ zu kombinierten Cremes greifen, dann ist die Haut weniger weiß eingefärbt. Sie beinhalten neben dem physikalischen Schutz auch chemische Filter. Diese dringen in die Haut ein und nehmen dort die Sonne auf. Man sollte sich aber darüber bewusst sein, dass diese chemischen Substanzen möglicherweise Kontaktreaktionen auslösen können. Sie sind außerdem im Harn nachweisbar und können bei Kindern eine hormonähnliche Wirkung haben. Dass sie einen Schaden anrichten, ist allerdings nicht nachgewiesen.

Wie äußert sich ein Sonnenbrand bei Kindern?

Beim Sonnenbrand ist die Haut entzündet. Jede Form der Entzündung geht mit Überwärmung, Rötung und Schmerzen einher. Wie stark ein Sonnenbrand ist, hängt mitunter von der Jahreszeit, der Tageszeit und der Region ab. Wenn große Hautflächen stark betroffen sind, bekommen Kinder allgemeine Symptome: Sie fühlen sich schlapp, müde, haben ein Krankheitsgefühl, Kopfweh und sind quengelig.

Welche Sofortmaßnahme können Eltern ergreifen, wenn ihr Kind einen Sonnenbrand hat?

Die Haut braucht dann unbedingt Kühlung. Die einfachste Lösung sind feuchte Umschläge. Man kann auch wasserreiche Cremes, Gele oder Hydrolotionen anwenden. Diese schmiert man mehrmals täglich auf die Haut, das kühlt und wird als angenehm empfunden. Wichtig ist, immer wieder nachzuschmieren. Auch eine kalte Dusche wirkt, das mögen Kinder aber oft nicht so gerne. Viele Eltern haben außerdem einen antientzündlichen Saft zuhause, der zusätzlich verabreicht werden kann.

Wann sollte man zum Arzt gehen und wie erfolgt die Behandlung?

Ein Sonnenbrand verläuft in mehreren Etappen. Im ersten Stadium ist die Haut leicht gerötet und es geht einem nicht gut. Dann wird es zwischenzeitlich besser. Erst ein paar Stunden danach ist die Situation richtig schlecht. Man sollte auf jeden Fall früh genug einen Hautarzt aufsuchen, also schon bei den ersten Anzeichen. So lässt sich die zweite, sehr schlechte Phase vermeiden und Schlimmeres verhindern. Denn der Arzt kann antientzündliche Cremes oder Medikamente verschreiben, um stärkere Entzündungen zu verhindern. Auch wenn große Flächen betroffen oder sehr rot sind, sollte ein Arzt aufgesucht werden. In seltenen Fällen, bei schweren, großflächigen und Blasen bildenden Verbrennungen, benötigen Kinder eine Akuttherapie mit antiinflammatorischen Medikamenten zum Schlucken oder in Form von Zäpfchen. Nach einem Sonnenbrand ist die Sonne für mehrere Wochen zu meiden.

Günther Rainer ist Kinderhautarzt mit eigener Praxis in Wien sowie Dermatologe am Health Center Vienna Airport. Der Hautarzt und Kinderdermatologe ist in Österreich sowie international als Vortragender tätig.

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