Wir haben Expertin Elisabeth Schartner über den Reizdarm gefragt. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin im Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien. Sie ist auf Psychosomatik spezialisiert und ist unter anderem im Darmzentrum der Fachklinik tätig. www.bhswien.at

Sie kennen bestimmt den Ausspruch „Das liegt mir im Magen“ oder „Dieses Erlebnis hat mir auf den Magen geschlagen“ (und damit meinen wir nicht eine Magen-Darm-Grippe). Die Psyche kann den Darm tatsächlich beeinflussen – und umgekehrt: Wenn wir auf unser „Darmhirn“ hören, essen wir intuitiver. Übrigens: Nicht jedes Problem mit dem Darm ist gleich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit! Oft können wir bei Reizdarm-Symptomen wie Blähungen oder Durchfall mit Entspannungsübungen gegenwirken – weil eben die Psyche mitspielt. Wollen Sie genauer wissen, wie Darm und Psyche miteinander zusammenhängen? Wir erklären, was hilft, wenn die Psyche auf den Darm schlägt.

Reizdarm: Wie die Psyche die Verdauung beeinflusst

Dass Darm und Psyche miteinander zusammenhängen, ist wissenschaftlich bestätigt: Unser Darm steht direkt mit dem Gefühlszentrum in unserem Gehirn in Kontakt. „Zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Gehirn gibt es mehr Nervenverbindungen als im Rückenmark“, sagt Elisabeth Schartner, Fachärztin für Innere Medizin im Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien. Darm und Gehirn sind ständig miteinander in Interaktion. Dieser Austausch funktioniert etwa über das komplexe Nervensystem des Darms mit seinen rund 500 Millionen Nervenzellen oder über das Immunsystem, aber auch über die Billionen Darmkeime, das Mikrobiom. Somit kann sich der Darm auf unsere Emotionen auswirken – und umgekehrt.

Kann Stress Darmprobleme auslösen?

Angst und Stress können tatsächlich Darmprobleme auslösen und verstärken. Wenn Sie zum Beispiel Durchfall oder Blähungen haben und deshalb nervös, ängstlich und verstimmt werden, wirkt sich das wiederum auf den Darm aus. Sie richten Ihre ganze Konzentration auf Ihre Bauchschmerzen, sind verunsichert und befürchten womöglich, an einer Krankheit zu leiden. Ein klassischer Fall für den Reizdarm. Laut der Süddeutschen Zeitung haben, je nach Schätzung, zwischen zwei und zwanzig Prozent eine problematische Beziehung zu Darm und Verdauung. Nicht immer steckt dahinter aber eine Krankheit. Kein Wunder, sagt Expertin Schartner, denn: „Allein dadurch, dass Sie sich viele Gedanken machen, kann eine negative Spirale in Gang kommen. Wenn Sie sich selbst stressen, zu sehr in Ihren Körper hinein hören und jedes Bauchzwicken registrieren, lenken Sie Ihre volle Aufmerksamkeit auf den Darm.“ Das Organ reagiert gereizt auf die von Ihnen ausgesendeten Ängste. Die dadurch entstehenden Schmerzen verstärken die Angst. Ein Teufelskreis.

Diese Symptome treten bei Reizdarm auf

  1. Am häufigsten treten laut dem Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten unbestimmte Bauchschmerzen und ein Gefühl des Unwohlseins auf.
  2. Unregelmäßiger Stuhl mit Durchfall oder Verstopfungen ist nicht untypisch für den Reizdarm. Dieser wird oft von Blähungen und Völlegefühl begleitet.
  3. Sie leiden unter Rücken-, Gelenk- und Kopfschmerzen.
  4. Sie haben weichen Stuhl, wenn der Schmerz beginnt und müssen auch öfters die Toilette aufsuchen. Diese werden allerdings nicht von nächtlichen Beschwerden begleitet.
  5. Es ist auch möglich, dass dem Stuhl Schleim beigemengt wird und sich dieser nicht vollständig entleeren kann.

Wenn Sie vermuten, an Reizdarm zu leiden, konsultieren Sie bitte Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.

Das Problem mit dem Reizdarm

Im Prinzip ist es richtig, wenn uns das Gehirn vor Gefahren warnt. Dazu ist es da. Wenn es bemerkt, dass in der Darmflora etwas nicht in Ordnung ist, folgen Durchfall oder Blähungen. Das ist erstmal nur der Versuch des Körpers, Ungesundes auszuscheiden und sich selbst zu heilen. Die Schwierigkeit dabei: Wenn ein Mensch aufgrund solcher Symptome sofort ängstlich oder verunsichert wird, sendet das Gehirn erneut Warnsignale aus. Und dann kommt es zu der großen Verunsicherung vieler Menschen: Sie vertrauen ihrem Bauchgefühl nicht mehr, leiden unter ihrem Reizdarm und stellen Selbstdiagnosen an, wie Nahrungsmittelunverträglichkeit. Wenn Sie die Vermutung haben, dass Sie unter Unverträglichkeiten wie Gluten, Histamin oder Fruktose leiden, klären Sie das bitte unbedingt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ab.

Tipp: Informieren Sie sich in diesem Beitrag über Allergien und Intoleranzen.